Internet:Haft für Hetzer

Wenn der Hass aus der virtuellen Welt in die reale schwappt, muss der Staat handeln - die Netzbetreiber tun es nicht.

Kommentar von Jan Bielicki

Moralisch ist es billig, in der Anonymität des Netzes gegen Flüchtlinge, Minderheiten oder auch Politiker zu hetzen. Teuer werden kann es für Hetzer, die sich erwischen lassen. Einen Katalog ausgesprochener Strafen hat die Stiftung Warentest kürzlich veröffentlicht: "Gaskammern wieder öffnen und die ganze Brut da reinstecken" - 4800 Euro Strafe; "Merkel muss öffentlich gesteinigt werden" - 2000 Euro. Täter, die Hass und Hetze in sozialen Netzwerken organisierten, kamen sogar in den Knast.

Wüste Beschimpfungen, üble Beleidigungen, sogar Mordaufrufe beschränken sich bei Facebook, Telegram & Co. längst nicht mehr auf Ausfälle radikalisierter Einzelner. Sie sind ein Massenphänomen geworden, und zwar ein sehr gefährliches. Die bundesweite Razzia, zu der die Polizei nun gegen Dutzende mutmaßliche Netz-Neonazis ausrückte, ist nicht die erste, aber die bisher größte Aktion dieser Art. Sie zeigt, dass wenigstens die Behörden diese Gefahr endlich ernst genug nehmen, wenn es schon die Betreiber der sozialen Netzdienste nicht tun.

Denn egal, ob unter radikalen Salafisten oder rechtsextremen Islamgegnern: Der Hass, den sie im virtuellen Raum verbreiten, erfüllt nicht nur die Strafbestände der Volksverhetzung und der Beleidigung. Er schwappt in die reale Welt - Leute, die im Netz hetzen und verhetzt werden und sich anschließend Sprengstoff für Anschläge besorgen, gibt es längst.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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