Hochschulen:Jobs für Profs

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Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU). (Foto: Wolfgang Kumm/dpa)

Zeitverträge und eine ungewisse Zukunft - auf eine feste Stelle warten Nachwuchswissenschaftler meist sehr lange und oft vergeblich. Jetzt wollen Bund und Länder 1000 neue Professoren-Posten schaffen. Reicht das aus?

Von Johann Osel, München/Berlin

Karrieren in der Wissenschaft ähneln einem Alles-oder-nichts-Spiel. Etwa 40 Jahre alt sind Forscher im Schnitt bei der Berufung zum Professor, da haben sie meist viele Zeitverträge hinter sich. Wegen der knappen Zahl an Lehrstühlen wird am Ende aber nur gut ein Drittel der Wissenschaftler, die sich habilitieren, tatsächlich Professor. All das Streben, Bangen, Warten - womöglich umsonst. Nun will die Wissenschaftspolitik eine Schneise schlagen ins Dickicht der akademischen Lebensläufe: Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) hat am Freitag ein Professoren-Programm beschlossen. Insgesamt 1000 neue Stellen für Hochschullehrer soll es bis zum Jahr 2032 geben, eine Milliarde Euro wird dafür investiert.

Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) und Bremens Senatorin Eva Quante-Brandt (SPD), die an der Spitze der GWK stehen, präsentierten die Ergebnisse in Berlin. Bei den 1000 Jobs handelt es sich um sogenannte Tenure-Track-Stellen. Bei dem etwa in den USA üblichen Procedere qualifizieren sich Wissenschaftler nach der Doktorarbeit für eine Lebenszeit-Professur. Erreichen sie mit ihrer Uni vereinbarte Ziele, wird ihre Stelle nach sechs Jahren entfristet - eine Professur kommt verlässlich. Ziel sind planbarere Karrierewege für junge Forscher. Einige Unis, zum Beispiel die TU München, arbeiten schon auf eigene Faust mit dem Tenure-Track.

Logische Folge des Programms ist zudem: mehr Professoren und bessere Betreuung von Studenten. Die Bildungsgewerkschaft GEW lobte am Freitag - ein seltener Vorgang - die Pläne, merkte aber an: "1000 neue Stellen sind gut, aber sie decken den Bedarf nicht." 5000 zusätzliche Tenure-Track-Jobs seien nötig für verlässlichere Perspektiven in der Forschung und für wirklich gute Betreuung der Studenten. Die Hochschulrektorenkonferenz machte sich Sorgen, ob die Kostenkalkulation für 1000 Stellen wirklich aufgeht. Die endgültige Entscheidung über das Programm treffen Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten Mitte Juni.

Auch für Fachhochschulen gibt es mehr Geld - aber wenig im Vergleich zur Spitzenforschung

Dann wird auch die Exzellenzinitiative besiegelt, die GWK hat kürzlich ein Konzept vorgelegt, um den milliardenschweren Wettbewerb für Spitzenforschung fortzuführen. So sollen jährlich etwa 530 Millionen Euro in "Elite-Unis" und herausragende Forschungsbereiche fließen. Damit kleine Unis und vor allem Fachhochschulen (FHs) sich ebenfalls weiterentwickeln, beschloss die GWK am Freitag ein weiteres Projekt. Bund und Länder stellen eine halbe Milliarde Euro für zehn Jahre bereit, damit FHs den "Wissenstransfer" forcieren. Gemeint ist die Zusammenarbeit mit der örtlichen Wirtschaft und gesellschaftlichen Akteuren. Wanka sieht die FHs als "Innovationsmotor in ihrem Umfeld".

In der Forschungsszene häuften sich zuletzt Stimmen, dass die FHs aufhören sollten, den Unis in Sachen Grundlagenforschung hinterherzuhecheln, sondern ihre Stärken ausbauen müssten. Dazu hat sich eine Hochschulallianz für den Mittelstand gegründet, die statt Elfenbeinturm-Forschung eben den Transfer von Wissenschaft als Leitbild sieht. Deren Vorsitzender Hans-Hennig von Grünberg, Chef der Hochschule Niederrhein, sagte der Süddeutschen Zeitung: Damit hätten die FHs "ihre eigene Philosophie und würden endlich nicht mehr nur als Beiwerk der Universitäten wahrgenommen werden". Denn im System werden die FHs immer wichtiger: Jeder dritte Student lernt heute an einer anwendungsnahen Hochschule.

Wanka nannte die drei Vorhaben - Exzellenzinitiative, Professoren-Pakt, FH-Programm - eine "Gesamtstrategie" mit "maßgeschneiderten" Teilen. Die Feststellung eines Journalisten in der Pressekonferenz musste sie sich aber gefallen lassen: Gut 500 Millionen für FHs über zehn Jahre, gut 500 Millionen für Exzellenzforscher jedes Jahr - wie fühle sich da ein FH-Professor wertgeschätzt?

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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