Großprojekt Stuttgart 21:Zweifel in sieben Punkten

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"Der Bund steht zu Stuttgart 21", teilt Verkehrsminister Ramsauer mit - und dementiert damit eine anderslautende Meldung der "Stuttgarter Zeitung". Doch Bahn und Bund läuft es längst nicht rund.

Rückt der Bund von Stuttgart 21 ab? Das Verkehrsministerium dementiert einen entsprechenden Bericht der Stuttgarter Zeitung, wonach die Bundesregierung weitere Milliardenausgaben für den Bahnhofsneubau ablehnt und Alternativen prüfen lassen will.

Doch selbst wenn es sich bei den Vermerken um einen "alten Hut" und "Einzelmeinungen aus der unteren Ebene des Ministeriums" handelt, wie Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) laut ZDF erklärt haben soll: Das interne Dossier seines Ministeriums auf das sich das Blatt bezieht, führt sieben Argumente an, die eine neue Debatte auslösen könnten.

Unzuverlässige Kostenangaben der Deutschen Bahn: Dem Bericht zufolge soll nach Ansicht des Ministeriums(mitarbeiters) ein "belastbarer Gesamtwertumfang ... noch nicht ermittelt bzw. ausreichend geprüft" worden sein. Die Bahn hatte im Dezember mitgeteilt, dass der Finanzierungsrahmen für das Stuttgarter Bahnhofsprojekt sich von 4,5 auf mindestens 5,6 Milliarden Euro erhöhen würde, vielleicht sogar auf 6,8 Milliarden Euro. Die Regierung von Baden-Württemberg will sich nicht an den Mehrkosten beteiligen.

Furcht vor weiteren Mehrkosten: Wie die Zeitung schreibt, sieht der Autor der Passagen Hinweise auf "erhebliche Risiken über die bisherigen Berechnungen der DB AG hinaus".

Rechnet sich der Bahnhofsbau überhaupt? Im Bericht ist demnach ferner zu lesen, dass Stuttgart 21 für den Konzern unwirtschaftlich ist. Bei Betrachtung der gesamten Mehrkosten werde die Eigenkapitalverzinsung negativ, soll es in dem Dossier heißen. Um den Schaden so gering wie möglich zu halten, müssten Alternativen zum Tunnelbahnhof auch weiterhin untersucht werden - und zwar bis hin zur Alternative: Ausstieg aus dem Projekt.

Zweifel an der Alternativlosigkeit des Neubaus: Die DB hält den Weiterbau des Tunnelbahnhofs trotz der Kostenexplosion für alternativlos - eine Ansicht, die zumindest die "Einzelmeinung" aus dem Verkehrsministerium in den Vermerken offenbar nicht teilt. Dort wird gefordert, dass Alternativen auch weiterhin ernsthaft untersucht werden, um einen Schaden gering zu halten. "Die Wirtschaftlichkeit der Weiterführung kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden", zitiert das Blatt aus dem Dossier. Ebenso könne "nicht beurteilt werden, ob die Weiterführung eindeutig wirtschaftlicher als eine Alternative ist."

Möglichkeit eines neuen Vergleichs: Entsprechend soll noch einmal neu berechnet werden, ob sich S 21 im Vergleich zur Weiterführung des Kopfbahnhofs mit Neubaustrecke auch nach den Kostensteigerungen noch rechnet. Erforderlich sei eine "grundlegend neue Wirtschaftlichkeitsberechnung", zitiert die Stuttgarter Zeitung aus dem Vermerk.

Kritik an fehlender Gesprächsaufnahme: Sauer auf stößt dem Verfasser des Vermerks offenbar auch, dass die DB-Spitze um Vorstandschef Rüdiger Grube - trotz der Aufforderung des Aufsichtsrats - noch nicht damit begonnen hat, mit den Projektpartnern über die ungeklärte Finanzierung der neuen Mehrkosten zu verhandeln. Dabei sei er dazu vertraglich verpflichtet.

Übernahme der Mehrkosten - letztes Wort beim Aufsichtsrat: Das Ministerium soll sich ausdrücklich vom Vorschlag Grubes distanzieren, dass die DB zumindest 1,1 Milliarden Euro Mehrkosten selbst trägt, so soll es im Vermerk heißen. Solche "Mitfinanzierungsangebote des Vorstands" könnten zwar in die Verhandlungen mit den Projektpartnern einbezogen werden - aber nur unter dem Vorbehalt einer abschließenden Aufsichtsratsentscheidung".

Im Fazit des Dossiers heiße es deshalb, dass der Aufsichtsrat derzeit keine abschließende Entscheidung zu Stuttgart 21 treffen könne.

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