Großbritannien:Theresa May wird Premierministerin

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Schon am Mittwoch will Regierungschef Cameron sein Amt an die bisherige Innenministerin übergeben.

Von Christian Zaschke, London

Die bisherige Innenministerin Theresa May schickt sich an, neue Premierministerin Großbritanniens zu werden. Ihre letzte verbliebene Gegenkandidatin, Andrea Leadsom, erklärte am Montag ihren Rückzug. Der Posten war vakant geworden, nachdem Amtsinhaber David Cameron infolge des EU-Referendums seinen Rücktritt angekündigt hatte. Der Wechsel an der Regierungsspitze soll bis Mittwochabend vollzogen werden.

Das Verfahren hatte ursprünglich vorgesehen, dass die 150 000 Mitglieder der Konservativen in den kommenden Wochen darüber abstimmen, wer den Parteivorsitz und damit das Amt des Premiers übernimmt. Durch den Rückzug Leadsoms ist diese Urwahl nicht mehr nötig. Die 59 Jahre alte May war klare Favoritin der parlamentarischen Fraktion und hat nun keine Konkurrenten mehr. Der Wahlleiter teilte am Montag mit, das Auswahlverfahren sei damit beendet. Nachdem die Gremien getagt hätten, werde May auch offiziell als Parteichefin bestätigt.

Cameron kündigte am Montag an, er werde bis zum Mittwoch zurücktreten. In Westminster galt es als wahrscheinlich, dass er am Mittwoch eine letzte Fragestunde als Premier im Unterhaus absolvieren will und dann seinen Posten für May räumt. Es wurde auch darüber spekuliert, dass sie das Büro in 10 Downing Street binnen 24 Stunden beziehen könnte.

Dass May sich durchgesetzt hat, bedeutet, dass eine Kandidatin vor der Ernennung als Premierministerin steht, die sich für einen Verbleib Großbritanniens in der EU eingesetzt hatte. Zunächst hatte es geheißen, nur ein Vertreter aus dem Brexit-Lager könne an der Spitze der Regierung stehen, nachdem die Mehrheit der Briten vor gut zwei Wochen dafür gestimmt hat, die EU zu verlassen. May hat der Partei versichert, auch mit ihr werde der Austritt vollzogen. "Brexit heißt Brexit", sagte sie.

Fünf konservative Politiker hatten sich für den Posten beworben, zuletzt hatte sich das Feld auf zwei Kandidatinnen verkleinert. Für May sprach besonders ihre große Erfahrung. Seit 1997 sitzt sie im Parlament und war Generalsekretärin der Tories. Seit 2010 ist sie Innenministerin. Länger konnte sich seit mehr als 50 Jahren kein Politiker auf diesem Posten halten. Ihre Gegenkandidatin Leadsom war 2010 ins Unterhaus gewählt worden und nie Mitglied des Kabinetts. Ihr waren jedoch Chancen eingeräumt worden, weil sie sich für den EU-Austritt eingesetzt hatte.

Labour-Partei, Liberaldemokraten und Grüne reagierten auf die Entwicklung mit der Forderung nach Neuwahlen. Tim Farron, Chef der Liberaldemokraten, sagte: "Die Tories haben kein Mandat mehr." May hat Neuwahlen bisher abgelehnt und darauf verwiesen, dass die Konservativen erst vor gut einem Jahr eine absolute Mehrheit erreicht haben.

Während die Tories die Auseinandersetzung um die Parteispitze hinter sich haben, ist sie bei der Labour-Partei in vollem Gange. Am Montag hat die Abgeordnete Angela Eagle angekündigt, sich um den Vorsitz zu bewerben. Weil der bisherige Parteichef Jeremy Corbyn es ablehnt zurückzutreten, wird es wohl zu einer Kampfabstimmung kommen.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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