Großbritannien:Mord-Ermittlung im Fall Sturgess

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Die 44 Jahre alte Britin stirbt im Krankenhaus. Vor einer Woche kam sie dem Nervengift Nowitschok in Kontakt.

Von afp, ap, sz, London

Die mit dem Kampfstoff Nowitschok vergiftete Britin Dawn Sturgess ist an den Folgen ihrer schweren Erkrankung gestorben. Es seien Mordermittlungen eingeleitet worden, teilte die Polizei im Südwesten Englands am Sonntagabend mit. Die 44 Jahre alte Frau und ihr 45-jähriger Partner waren vor einer Woche in ein Krankenhaus in Salisbury eingeliefert worden. Das Paar war aus bisher ungeklärten Gründen dem Nervengift Nowitschok ausgesetzt, mit dem im März ein Anschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal verübt worden war. Skripal und seine Tochter Julia überlebten und halten sich nun an einem geheim gehaltenen Ort auf.

Die britische Premierministerin Theresa May zeigte sich "schockiert" von der Todesnachricht und versprach den lokalen Behören umfassende Unterstützung bei der Aufklärung der "Tragödie". Der Leiter der britischen Antiterroreinheit, Neil Basu, sagte, der Tod der Frau bestärke die Entschlossenheit der Polizei, das Geschehen aufzuklären.

"Das Gift könnte auf jeder Sitzbank sein", sagt ein besorgter Anwohner von Salisbury

Das britische Paar wurde in einem Haus in Amesbury gefunden, unweit von Salisbury, wo Skripal und seine Tochter im März mit Nowitschok vergiftet worden waren. Die Ermittler gehen der Annahme nach, dass das vergiftete britische Paar mit Nowitschok-Resten in Kontakt kam, die beim Mordanschlag auf Skripal übrig geblieben sein könnten.

Nicht ausgeschlossen wird, dass noch andere Menschen mit dem Gift in Kontakt kommen könnten, solange der kontaminierte Gegenstand nicht gefunden ist. Das Krankenhaus in Salisbury versicherte am Samstag jedoch, das Risiko für die Bevölkerung sei gering. Bei einem Polizisten, der am Samstag wegen Verdachts auf Vergiftung in dem Krankenhaus untersucht worden war, konnte Entwarnung gegeben werden. Mehr als 100 Polizisten waren im Einsatz, um den Gegenstand zu finden, über den das Paar vermutlich mit Nowitschok in Kontakt kam. Antiterror-Ermittler werten Material aus, um festzustellen, wo sich das Paar vor der mutmaßlichen Vergiftung befand und was es unternahm. Die Behörden rechnen mit wochen- oder monatelangen Ermittlungen.

Derweil zeigten sich die Bewohner von Salisbury beunruhigt. "Es ist ein Gift, nicht eine Pistole oder ein Messer, das man entsorgen könnte", sagte der 66-jährige Anwohner Geoffrey beim Spaziergang durch die Stadt. "Es könnte auf jeder Sitzbank sein - das macht mich nervös." Die Zahnärztin Jane Turner war besonders besorgt um die Kinder der Kleinstadt: "Sie könnten etwas aufheben, ohne auch nur darüber nachzudenken", sagte sie.

Die britische Regierung macht Russland für den Giftanschlag verantwortlich. Moskau weist die Vorwürfe vehement zurück. Der Fall führte zu einem Zerwürfnis zwischen Russland und Großbritannien. Der neuerliche Nowitschok-Fall verschärfte die Spannungen nun.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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