Großbritannien:Hohn und Spott im Unterhaus

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Die Fragestunde gerät zur Farce: geprägt von Empörung, Gebrüll und hilflosen Antworten der Regierungschefin.

Von Cathrin Kahlweit

Theresa May ist nicht zu beneiden. Da ist sie gerade nach einem demütigenden Verhandlungsabbruch aus Brüssel nach London zurückgekehrt, weil die nordirische DUP, die ihre Minderheitsregierung stützt, ihr Veto eingelegt hatte. Seither soll es außer einem kurzen Telefonat keine persönlichen Gespräche zwischen May und der DUP-Führung gegeben haben. Erste Zeitungen melden, die Premierministerin werde, anders als geplant, wohl die Brexit-Verhandlungen mit der EU nicht mehr diese Woche fortsetzen können.

Dann muss die Premierministerin in der Fragestunde, die regelmäßig mittwochs im Unterhaus abgehalten wird, auch noch Hohn und Spott der Opposition über sich ergehen lassen. Labour-Chef Jeremy Corbyn führt May regelrecht vor. Ob ihre Regierung nicht noch im Sommer sinngemäß gesagt habe, der Brexit werde ein Spaziergang? Wie jetzt die Lösung für die irische Grenze eigentlich aussehen solle, um die es mit der DUP Streit gibt? Was genau jetzt konkret geschehen werde? May wiederholte wie ein Sprechautomat, das Vereinigte Königreich werde austreten, auch aus Zollunion und Binnenmarkt. Man werde alle streitigen Fragen in der zweiten Phase, den Verhandlungen über das Handelsabkommen, lösen. Und nichts sei ausverhandelt, bis alles ausverhandelt worden sei.

Das waren jedoch keine Antworten auf die Fragen, die sich das ganze Land stellt, sondern höchstens allgemeine Absichtserklärungen. Die Reaktion im Unterhaus: Fassungslosigkeit. May wurde immer schärfer, Corbyn immer empörter. Es wurde gebrüllt.

Zur Empörung der Abgeordneten trug auch bei, dass am Morgen Brexit-Minister David Davies in einem Unterausschuss des Parlaments eingestehen musste, dass die Regierung, anders als behauptet, offenbar im Sommer keine 58 Einzelstudien zu den ökonomischen Auswirkungen des Brexit hat anfertigen lassen. Um die Offenlegung dieser Studien hatte es zwischen Davis und dem Parlament einen Streit gegeben; das Ministerium hatte mitgeteilt, es gebe diese Expertisen nur in ungeordneter Form. Am Mittwoch musste Davis dann eingestehen, dass sein Team "keine systematische Untersuchung der Brexit-Auswirkungen" gemacht habe. Eine lose Blattsammlung von mehr als 850 Seiten, die in Teilen ans Parlament übergeben worden war, habe er "nie gelesen".

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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