Griechenland:Athen kann auf Umschuldung hoffen

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Bundesfinanzminister Schäuble deutet erstmals Gesprächsbereitschaft an. Er verlangt aber von Athen zuvor ein ernsthafte Reformen. Premier Tsipras kämpft indes mit Widerständen in seiner Partei.

Von Cerstin Gammelin, Alexander Mühlauer und Mike Szymanski, Brüssel/Athen

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat erstmals eingeräumt, mit der Regierung von Premierminister Alexis Tsipras über eine Umschuldung verhandeln zu wollen. Schäuble sagte am Donnerstag in Frankfurt, in den kommenden Tagen werde die Möglichkeit für eine Schuldenerleichterung besprochen. Er warnte zugleich vor übertriebenen Erwartungen. Viel Spielraum sehe er nicht. Das bedeutet, dass die Bundesregierung nur dann einer möglichen Umschichtung der griechischen Schulden zustimmen könnte, wenn diese nicht mit substanziellen Verlusten für den Bundeshaushalt verbunden ist. Der Finanzminister stellte jegliche Gespräche unter den Vorbehalt, dass die griechische Regierung zunächst ernsthafte Reformpläne vorlege. Schäuble betonte, Athen könnte das Vertrauen der Euro-Zone zurückgewinnen, indem es unverzüglich Wirtschaftsreformen einleite.

Schäuble ging damit auch auf Christine Lagarde zu. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) hatte die Beteiligung des Fonds an weiteren Finanzhilfen von einer Umschuldung abhängig gemacht. EU-Ratspräsident Donald Tusk forderte eine faire Lösung für Athens Schulden. Neben Griechenlands Reformangeboten müsse es einen "realistischen Vorschlag von Gläubigern zur Schuldentragfähigkeit" geben, "um eine Win-win-Situation zu schaffen", so Tusk über den Nachrichtendienst Twitter. Griechenland hat rund 330 Milliarden Euro Schulden, die sich weitgehend auf die Euro-Länder, Europäische Zentralbank (EZB) und IWF verteilen. Im Gespräch ist, die Schulden bei der EZB in den Euro-Rettungsfonds ESM umzuschichten. So hätte Athen Zeit zu tilgen und profitierte von Zinserleichterungen.

Athen hat am Donnerstagabend gegen 21.30 Uhr fristgerecht sein von den Euro-Partnern gefordertes Reformprogramm per E-Mail an Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem geschickt, wie dessen Sprecher bestätigte. Das Programm soll zeigen, wie das Land den Haushalt sanieren und die Wirtschaft ankurbeln will. Nach SZ-Informationen umfasst das Paket 13 Milliarden Euro für 2015 bis 2016. Unter anderem sollen Steuer-Vorteile für Bauern fallen, der ermäßigte Mehrwertsteuersatz soll auf einigen Inseln abgeschafft werden.

Das griechische Parlament soll sich noch an diesem Freitag mit den Vorschlägen befassen, hieß es aus Kreisen der Regierungspartei Syriza. Die Verhandlungsführer würden beauftragt, auf Grundlage des Papiers die Gespräche zu führen. Die Finanzminister und Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone wollen bei einem Krisengipfel am Wochenende entscheiden, ob sie über ein drittes Hilfspaket verhandeln.

Tsipras versucht, eine breite Mehrheit im Parlament für ein drittes Hilfspaket zu gewinnen. In seiner Partei Syriza wachsen Widerstände, die Sparpolitik fortzusetzen. Tsipras ist damit auf Stimmen der Opposition angewiesen. Die griechischen Banken bleiben unterdessen bis einschließlich Montag geschlossen, weil die EZB die Notkredite für sie bei knapp 90 Milliarden Euro eingefroren hat.

© SZ vom 10.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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