Griechenland:Tsipras beschenkt arme Rentner zu Weihnachten

Griechenlands Premier will dafür mehrere Hundert Millionen ausgeben. Der Vorstoß dürfte die Gläubiger des hochverschuldeten Landes mindestens irritieren.

Von Mike Szymanski, Athen

Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras hat den Rentnern im Land trotz der hohen Staatsverschuldung eine mehrere Hundert Millionen Euro hohe Sonderzahlung versprochen. Im Staatsfernsehen kündigte er am Donnerstagabend überraschend an, etwa 617 Millionen Euro aus dem sogenannten Primärüberschuss des Haushaltes für dieses Jahr dafür einzusetzen, 1,6 Millionen Ruheständlern - das entspricht fast zwei Dritteln - die Rente aufzubessern. Die Ärmsten von ihnen können mit einer Sonderzahlung von bis zu 830 Euro rechnen. Das Geld solle bereits am 22. Dezember ausbezahlt werden.

Zudem kündigte Tsipras an, die anstehende Angleichung der Mehrwertsteuersätze für jene griechischen Inseln auszusetzen, die besonders von der Flüchtlingskrise betroffen sind. Lesbos gehört dazu. Auch dies dürfte Auswirkungen in Millionenhöhe haben. Tsipras rechtfertigte den Schritt damit, dass seine Regierung stets versprochen habe, dass in der Krise erwirtschaftete Überschüsse an die Schwächsten der Gesellschaft zurückfließen würden.

Das hochverschuldete Griechenland ist im Sommer vergangenen Jahres von den internationalen Kreditgebern mit dem mittlerweile dritten Hilfspaket, das 86 Milliarden Euro bis 2018 umfassen soll, vor dem Bankrott gerettet worden. Die Geberinstitutionen drängen seither auf Einsparungen. Tsipras' Versprechen fällt auch mitten in die Zeit der zweiten Überprüfung der Reformschritte.

Der Regierungschef und seine Partei stehen innenpolitisch unter erheblichem Druck

Die Europäer und der Internationale Währungsfonds streiten derzeit über weitere Schuldenerleichterungen für Griechenland, die Tsipras für unerlässlich hält, damit sich das Land wirtschaftlich erholen kann. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lehnt das jedoch ab. Gerade erst wieder forderte er Griechenland auf, die vereinbarten Reformen umzusetzen, Athen habe einen langen Weg vor sich.

Tsipras' Großzügigkeit kurz vor Weihnachten dürfte in Europa auf Kritik stoßen. Innenpolitisch steht der Linkspolitiker jedoch unter erheblichem Druck. Die Bevölkerung ist enttäuscht, weil Tsipras nicht verhindern konnte, dass weitere Härten auf das Land zukommen. Die Bürger beurteilen ihre Lage heute noch schlechter als im Krisenjahr 2015. Umfragen zufolge würde die Oppositionspartei Nea Dimokratia derzeit Wahlen deutlich gewinnen, Tsipras' Partei Syriza ist demnach weit abgeschlagen.

Ein landesweiter Streik gegen die Sparpolitik am Donnerstag betraf vor allem den öffentlichen Verkehr. Knapp 10 000 Menschen demonstrierten nach Polizeischätzungen im Zentrum Athens gegen die Sparpolitik. In der zweitgrößten Stadt Thessaloniki beteiligten sich mehr als 5000 Menschen an Demos. Der Haushalt 2017, der in den kommenden Tagen im Parlament verabschiedet wird, sieht weitere Kürzungen und Einsparungen sowie Steuererhöhungen vor.

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