Griechenland:Neuer Akt im Euro-Drama

Lesezeit: 2 min

Nach einem Krisentreffen der Gläubiger im Berliner Bundeskanzleramt schickt Premier Alexis Tsipras einen neuen Reformplan. Der Internationale Währungsfonds bietet einen kurzen Zahlungsaufschub an.

Von Cerstin Gammelin und Christiane Schlötzer, Berlin/München

Die Verhandlungen zwischen Griechenland und den internationalen Geldgebern um einen Ausweg aus der Schuldenkrise kommen trotz intensiver Bemühungen nicht entscheidend voran. Ein nächtliches Krisentreffen im Berliner Bundeskanzleramt brachte kein konkretes Ergebnis. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte mit Frankreichs Staatspräsident François Hollande und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker beraten und dazu überraschend die Präsidenten der Europäischer Zentralbank, Mario Draghi, und des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, eingeladen. Die Spitzen der Geldgeber hatten zusammen gesessen, um ein finales Angebot an Athen vorzubereiten, das die drohende Pleite des Landes abwenden sollte.

In Athen forderte der griechische Premierminister Alexis Tsipras unterdessen erneut eine mündliche Zusage der Geldgeber ein, sein Land über den Sommer zu finanzieren. Tsipras sagte am Dienstag, er habe seinerseits "einen umfassenden Reformplan" an die Partner verschickt. Es seien "realistische" Vorschläge, um das Land aus der wirtschaftlichen und sozialen Krise zu führen. Jetzt liege die Entscheidung "bei den politischen Führungen Europas".

Die Regierung in Athen hofft offenbar darauf, dass es zu einem neuen Spitzentreffen der Regierungschefs der Euro-Länder zum Thema Griechenland am Rand eines Lateinamerika-Gipfels, der am 10. Juni in Brüssel beginnt, kommen könnte. Tsipras wollte mit dem eigenen Vorschlag, der 40 Seiten umfassen soll, nach Informationen aus seiner Partei dem Eindruck entgegenwirken, Athen habe keine andere Wahl mehr, als einen Reformplan der Kreditgeber ohne Wenn und Aber zu akzeptieren. Tsipras' Stellvertreter Giannis Dragasakis, der auch die technischen Verhandlungen mit den Kreditgebern führt, warnte davor, seine Regierung zu erpressen. "Wir akzeptieren keine Ultimaten und beugen uns keiner Erpressung", schrieb Dragasakis auf Twitter.

Die Geldgeber und Griechenland verhandeln seit Februar darüber, wie die Bedingungen für das Ende des Monats auslaufende Rettungsprogramm erfüllt werden können. Das ist die Voraussetzung dafür, die noch vorhandenen Finanzhilfen in Höhe von knapp 19 Milliarden Euro an Athen auszuzahlen. Inzwischen wird nach Informationen der S üddeutschen Zeitung sogar über eine nochmalige Verlängerung des Programms über den Juni hinaus nachgedacht. Denn ein Teil der Gelder kann nur ausgezahlt werden, wenn nationale Parlamente, auch der Bundestag, zustimmen.

Beide Seiten streiten um Haushaltszahlen, Wachstumsprognosen, um den Zeitpunkt einer Rentenreform sowie darum, welche Staatsbetriebe privatisiert werden sollten. Die Regierung in Athen ist bisher lediglich bereit, das System der Mehrwertsteuer und die Verwaltung zu reformieren.

Athen ist dringend auf die Finanzhilfen angewiesen. Fast alle Reserven scheinen aufgebraucht. Der IWF will Athen daher bei den nächsten Raten entgegenkommen und hat angeboten, die drei im Juni fälligen Zahlungen auf Ende des Monats zu bündeln.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: