Griechenland:Athen räumt wildes Lager

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Geteiltes Leid: Nach der Räumung Idomenis sind an vielen Orten wilde Flüchtlingscamps wie dieses entstanden. (Foto: Sakis Mitrolidis/AFP)

Die Bewohner des Camps bei Polykastro werden in offizielle Unterkünfte gebracht. Zudem wollen die Behörden alle Flüchtlinge auf dem Festland systematisch erfassen.

Die griechische Polizei hat am Montag mit der Räumung eines wilden Flüchtlingslagers an der Grenze zu Mazedonien begonnen, in dem sich vor allem kurdische Familien aus Syrien aufhalten. Alle etwa 1800 Menschen sollten bis zum Abend aus dem Lager nahe Polykastro in offizielle Flüchtlingsunterkünfte in der Region gebracht werden, sagte ein Polizeisprecher. Wie die Behörden mitteilten, hat die Armee nahe der nordgriechischen Stadt Thessaloniki ein für die Lagerung von Getreide genutztes Gebäude hergerichtet. Die Räumung verlief nach Angaben des Polizeisprechers zunächst ruhig.

Das wilde Lager war nach der Räumung von Idomeni bei Polykastro um eine Tankstelle herum entstanden. In Idomeni hatten monatelang mehr als zehntausend Menschen unter erbärmlichen Umständen ausgeharrt, weil sie auf eine Wiederöffnung der sogenannten Balkanroute hofften. Auf dem griechischen Festland sitzen derzeit noch mehr als 50 000 Menschen fest, seit die sogenannte Balkanroute Richtung Westeuropa im März geschlossen wurde und das Abkommen zwischen der EU und der Türkei in Kraft getreten ist.

Am Montag haben die griechischen Behörden mit der umfassenden Registrierung der Flüchtlinge auf dem Festland begonnen. Gestartet wurde die Aktion am alten Athener Flughafen Ellinikon, wo vor allem afghanische Migranten in einem improvisierten Flüchtlingslager leben. Man hoffe, etwa 700 Menschen pro Tag zu registrieren, hieß es aus dem griechischen Migrationsministerium. Zwar wurde ein Gutteil der Menschen bereits bei der Ankunft auf den Inseln registriert, doch viele der damals vergebenen Aufenthaltsgenehmigungen sind längst abgelaufen, ohne dass die Betroffenen dazu gekommen wären, einen Asylantrag zu stellen.

Zu den Migranten auf dem Festland kommen weitere etwa 8000 Schutzsuchende, die in den sogenannten Hotspots auf den griechischen Inseln festgehalten werden. Sie sind nach dem Inkrafttreten des Flüchtlingspakts zwischen der EU und der Türkei illegal nach Griechenland eingereist und sollen gemäß Abkommen zurück in die Türkei abgeschoben werden. Das Vorgehen stößt auf scharfe Kritik von internationalen Organisationen. Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Zeid Ra'ad Al Hussein sagte am Montag zur Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des UN-Menschenrechtsrats in Genf, UN-Mitarbeiter hätten "eine besorgniserregende Zunahme von Inhaftierungen von Migranten in Europa beobachtet, darunter auch in den Hotspots" in Griechenland und Italien. Diese Registrierzentren seien "im Wesentlichen riesige Hafteinrichtungen".

Insgesamt bleibt die Lage im Land weiter angespannt. Zwar kommen weiterhin nur wenige neue Flüchtlinge in Griechenland an - von Sonntag auf Montag waren es 67 -, doch noch immer wagen Menschen die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer. Am Montag geriet ein Boot mit etwa 200 Migranten etwa 120 Kilometer südlich der griechischen Insel Gavdos vor der libyschen Küste in Seenot. Die griechische Küstenwache habe einen Notruf erhalten und Schiffe in der Region alarmiert, sagte ein Offizier. Von wo aus die Migranten gestartet waren, wurde zunächst nicht bekannt. Bereits am 3. Juni waren südlich von Kreta bei einem Bootsunglück mindestens zehn Flüchtlinge ums Leben gekommen.

© SZ vom 14.06.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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