Glyphosat:Gallisches Dorf

Mitten in Europa, in Deutschland, im niedersächsischen Artland, wehrt sich eine Gemeinde gegen das umstrittene Pestizid-Votum des Landwirtschaftsministers. Ihr Antrieb? "Der gesunde Menschenverstand".

Von Peter Burghardt

In der Europäischen Union soll Glyphosat also weiter versprüht werden dürfen, dem hat der CSU-Bundeslandwirtschaftsminister aus Bayern am Ende im Alleingang zugestimmt. Aber mitten in Europa gibt es eine Gegend, in der dann nur Tage später das Gegenteil beschlossen wurde: Die Samtgemeinde Artland in Niedersachsen verbietet das berüchtigte Pflanzenschutzmittel künftig auf allen Äckern, die von der Kommune verpachtet werden. Das betrifft ungefähr 60 Hektar, die derzeit 15 Landwirte bestellen. Weil die aktuellen Pachtverträge erst 2020 auslaufen, dürfte es zwar noch etwas dauern, bis die Regel greift. Aber der Beschluss steht seit ein paar Tagen fest, was dem Verbund mehrerer Ortschaften mit seinen 23 000 Bewohnern in der Nähe von Osnabrück überregionale Aufmerksamkeit und einige Sympathien beschert. "Ich weiß nicht, ob wir jetzt das gallische Dorf sind", sagt Artlands Rathaussprecher Franz-Georg Gramann. "Aus Überzeugung" habe der Gemeinderat so entschieden. Sie seien ein Laienparlament und hätten "den gesunden Menschenverstand" eingesetzt.

Die Mehrheit der Gemeinderäte war also für den Vorschlag, den die Grünen bereits 2016 eingebracht hatten. Vereint dagegen war nur die örtliche FDP. Auf den 100 gemeindeeigenen Hektar für extensive Landwirtschaft darf sogar weder gedüngt noch gespritzt werden, das ist schon länger so. Einige Agrarwirte finden die Idee mit der Glyphosat-freien Zone zwar nicht so gut, auch ist der Vorstoß für alle privaten Felder natürlich nicht verpflichtend. Aber viele Betroffene und Beobachter loben, dass Artland das versucht, was Brüssel vermeidet.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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