Gesundheit:Zwei Klassen bleiben

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In ihrer Ablehnung der Bürgerversicherung hat sich die Union gegenüber der SPD durchsetzen können. Dafür wurden in der Gesundheitspolitik einige andere Neuerungen vereinbart.

Von Kristiana Ludwig

Die Gesundheitspolitik, für die die SPD auf ihrem Sonderparteitag im Januar noch deutliche Nachbesserungen gefordert hatte, trägt nun an vielen Stellen die Handschrift der Union. Statt eines Einstiegs in eine Bürgerversicherung, einem Krankenversicherungssystem also, in dem es keine Unterschiede mehr zwischen Privat- und Kassenpatienten gibt, haben die Sozialdemokraten bloß noch eine "wissenschaftliche Kommission" herausgehandelt. Diese soll bis Ende nächsten Jahres untersuchen, wie sich die Ärztehonorare reformieren ließen. Sowohl bei Privatversicherten als auch bei Kassenpatienten seien Veränderungen nötig, heißt es in einem Entwurf des Koalitionsvertrags vom Mittwochvormittag. Eine gemeinsame Gebührenordnung für Ärzte, wie SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sie gefordert hatte, steht dagegen nicht in der Einigung. Ziel sei ein "modernes Vergütungssystem" , heißt es stattdessen - eine wolkige Formulierung.

Mediziner, die sich Zeit für Patientengespräche nehmen, sollen mehr Geld bekommen

Auch zum zweiten Anliegen der SPD, allen Beamten den Weg in die gesetzliche Krankenversicherung zu öffnen, findet sich nichts im Vertragsentwurf. Allein auf kleinere Veränderungen in Sachen "Zwei-Klassen-Medizin" haben sich SPD und Union einigen können. So soll ein "Sofortprogramm" den Zugang der Kassenpatienten zu Ärzten verbessern. Eine Hotline soll ihnen künftig helfen, schneller einen Termin zu bekommen. Auch für die Mediziner soll sich die Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten künftig lohnen. Landärzte in einsamen Regionen und auch solche Mediziner, die sich Zeit für Patientengespräche nehmen, sollen mehr Geld bekommen - genauso wie diejenigen, die Patienten einen Termin beim Facharzt vermitteln. Die Zuschüsse für Zahnersatz sollen auf 60 statt wie bisher 50 Prozent erhöht werden.

Einen gesundheitspolitischen Erfolg hatte die SPD allerdings schon in den Sondierungen erreicht. Die Beiträge zur Krankenversicherung sollen in Zukunft wieder Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen zahlen. Strittig war zuletzt ein Verbot, rezeptpflichtige Medikamente online zu handeln. Mit dieser apothekerfreundlichen Regelung hat sich die Union durchgesetzt, genauso wie mit einer neuen Einkommensgrenze für kleine Selbständige, an der sich ihre Krankenkassen-Beitragspflicht bemisst. Diese liegt nun bei 1150 Euro Monatsverdienst. Die SPD hatte dagegen 850 Euro gefordert.

Im Rahmen ihres Pflege-Programms haben sich die Parteien darauf verständigt, dass Krankenhäuser die Pfleger künftig nicht mehr aus ihrem Gesamtbudget bezahlen sollen. So soll der ökonomische Druck der Klinik weniger auf dem Personal lasten. Außerdem sollen 8000 neue Jobs in Pflegeheimen geschaffen werden, auf Kosten der Krankenkassen. Deren Spitzenverband warnte bereits, dass die Versicherungsbeiträge deshalb steigen könnten.

© SZ vom 08.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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