Geschichte:Warum das Verbot im Grundgesetz steht

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In den Straßenkämpfen der Weimarer Republik, wie hier beim Spartakusaufstand 1919, spielte das Militär eine zweifelhafte Rolle. (Foto: Public domain, Illustrirte Zeitung, via Wikimedia Commons)

Die Gründe für die deutsche Skepsis gegen Inlandseinsätze des Militärs reichen zurück bis ins Jahr 1848.

Von Joachim Käppner

Die Bundeswehr selbst spricht auf ihrer Homepage von "den Lehren aus der Geschichte", die dem Einsatz des Militärs im Inneren enge verfassungsmäßige Grenzen setzten. Die einschlägigen Vorgaben des Grundgesetzes haben historische Gründe, die bis in das Jahr 1848 zurückgehen. Damals setzten die Monarchen ihre Streitkräfte hemmungslos gegen bürgerliche Revolutionäre ein. Einige Jahrzehnte später forderte Kaiser Wilhelm II. junge Wehrpflichtige sogar auf, im Falle eines Aufstands der Arbeiter auch rebellische eigene Familienangehörigen zu erschießen. Dieses Bild vom "inneren Feind" geriet nach der Arbeiter- und Soldatenrevolte im November 1918 zur Obsession. Dieselben Generäle, welche die Niederlage verschuldet hatten, machten den "inneren Feind" dafür verantwortlich. Die Streitkräfte der Weimarer Republik waren überwiegend demokratiefeindlich, es gehörte zu den Geburtsfehlern der jungen Demokratie, ausgerechnet die bewaffnete Macht in den Händen Ewiggestriger zu lassen.

Das Militär richtete 1919 Massaker an Linken an, wie etwa beim "weißen Terror" gegen die Münchner Räterepublik. Als 1920 rechtsradikale Verbände putschten, scheiterten sie am Widerstand der Bevölkerung. Die Reichswehr selbst rührte keine Hand zur Verteidigung der Republik gegen den "Kapp-Putsch". Der Regierung ließ sie mitteilen: "Truppe schießt nicht auf Truppe."

Die Angst, das Militär könne wie damals zum "Staat im Staate" werden und zur Gefahr für die Demokratie, ist freilich selbst Geschichte. Ein solcher Verdacht gegen die Bundeswehr wäre absurd. Dennoch schreckt der Gedanke, bewaffnete Soldaten würden auf den Straßen patrouillieren, viele Kritiker, schon wegen des Eskalationspotenzials. Die Streitkräfte sind für polizeiliche Aufgaben nicht ausgebildet, weshalb die Idee, Soldaten vor Bahnhöfe zu stellen oder sie anders im Anti-Terror-Kampf einzusetzen, weder in der Bundeswehr noch in der Polizei populär ist. Die Bundeswehr ist dafür da, abzuschrecken und notfalls einen militärischen Gegner möglichst effektiv zu bekämpfen. Die Polizei dagegen ist der Verhältnismäßigkeit der Mittel verpflichtet, sie soll und will immer nur so viel Gewalt einsetzen wie unbedingt nötig.

© SZ vom 04.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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