Geheimdienste:Rückkehr der Spürhunde

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Auch immenser Sicherheitsaufwand und enormer Fahndungsdruck konnten den Angriff von St. Petersburg nicht verhindern.

Von Julian Hans

Wie verschärft man Sicherheitsvorkehrungen, wenn sie schon sehr scharf sind? Man nimmt sie wieder ernst. Nicht nur in St. Petersburg, auch in Moskau und anderen Städten Russlands standen am Dienstag Polizisten vor den Eingängen zur U-Bahn. Sie hatten Spürhunde dabei, die Fahrgäste mussten Rucksäcke und Taschen durchleuchten lassen. Personen, die dem Aussehen nach aus Zentralasien oder dem Kaukasus stammen, werden besonders häufig kontrolliert. Neu sind diese Maßnahmen nicht. Seit Langem schon müssen Autofahrer vor der Einfahrt in die Tiefgaragen von Einkaufszentren ihren Kofferraum öffnen. Fußgänger müssen Metalldetektoren passieren. Das gilt fast überall für öffentliche Gebäude. Und womöglich hat sich gerade deshalb Nachlässigkeit breitgemacht.

325 Metalldetektoren hat die Stadtverwaltung von St. Petersburg im vergangenen Jahr an 67 Metrostationen aufgestellt. Jeder einzelne kostet umgerechnet mehr als 3000 Euro, berichtet die Zeitung Nowaja Gaseta. Sie sehen aus wie Türrahmen; wer die Station betritt, muss sie passieren. Allerdings wurden die Warntöne und die Signalleuchten an den Geräten bald ausgeschaltet. Es wäre unmöglich, jeden zu überprüfen, bei dem das Gerät anschlägt. Damit es ordnungsgemäß funktioniert, müsste zudem jedes Mal 15 Sekunden Abstand zwischen den Passanten eingehalten werden - undenkbar in der Rush Hour, wenn sich die Fahrgäste in Massen durch die Eingangstüren quetschen, sich lange Schlangen vor den Rolltreppen bilden und die Waggons gestopft voll sind. So wurden die Sicherheitsvorschriften formell erfüllt, ohne dass deshalb der öffentliche Nahverkehr zum Erliegen kam.

Heute arbeiten mehr für den Geheimdienst als zu Zeiten der späten Sowjetunion

Dass es sieben Jahre lang keinen Terroranschlag in Moskau oder einer anderen Großstadt Zentralrusslands gegeben hat, wurde als Ergebnis des Fahndungsdrucks von Polizei und Geheimdienst gewertet. Im Kampf gegen Terroristen zeigen die Einsatzkräfte gerne Härte. Wladimir Putin prägte schon am Anfang seiner Regierungszeit ein Motto, das bis heute gilt: "Wir machen sie auf dem Abort kalt." Von Zeit zu Zeit meldeten die Sicherheitsbehörden, es seien Anschläge verhindert und Terrorzellen ausgehoben worden. Doch niemand kann überprüfen, ob diese Erfolgsmeldungen stimmen. Es gibt keinerlei öffentliche oder parlamentarische Kontrolle für die Arbeit der Sicherheitsorgane. Sie unterstehen dem Präsidenten.

Schätzungen von Experten zufolge arbeiten heute im Verhältnis zur Bevölkerungszahl mehr Menschen für den Geheimdienst FSB als in den späten Tagen der Sowjetunion für dessen Vorgängerorganisation KGB. Aber bei Weitem nicht alle gehen Aufgaben nach, die man sich klassisch für einen Geheimdienst vorstellt. In der Grenzschutzabteilung stempeln FSB-Beamte Pässe und Visa beim Grenzübertritt. Der FSB kümmert sich auch um Wirtschaftskriminalität und ermittelt bei Steuervergehen, was ihm eine enorme Macht gegenüber Unternehmen gibt.

Zudem konkurrieren unterschiedliche Dienste. Es gibt Parallelstrukturen beim Geheimdienst, der Polizei, dem Ermittlungskomitee - einer Art russischem FBI - und der Staatsanwaltschaft. Ein Apparat, der aus der Ferne allmächtig wirkt, ist im Innern in heftigen Verteilungskämpfen gefangen.

© SZ vom 05.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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