Geheimdienst:Aufschrei der Stillen

Die G-10-Kommission klagt zu Recht in Karlsruhe.

Von Tanjev Schultz

Viele Bürger wissen wahrscheinlich gar nicht, dass es die "G-10-Kommission" überhaupt gibt. Sie arbeitet sehr diskret. Zu ihrem Auftrag gehört es, Eingriffe der deutschen Geheimdienste in das Brief- und Fernmeldegeheimnis abzusegnen. Die Mitglieder der Kommission tragen eine große Verantwortung, immerhin geht es um Eingriffe in ein Grundrecht. Fast nie dringt etwas über ihre Beratungen nach außen. Umso ungewöhnlicher sind die Pläne dieser Kommission, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Es ist ein gellender Aufschrei.

Das Gremium wehrt sich zu Recht und verlangt Einsicht in die berüchtigte Selektorenliste von NSA und BND. Die Bundesregierung hat einen Beauftragten eingesetzt, der die Liste mit den überwachten Kommunikationsdaten anschauen darf. Angeblich ist das der einzige Weg, der rechtlich zulässig sei. Die USA bestehen auf Geheimhaltung. Die Kontrolleure wollen sich aber nicht mit Informationen aus zweiter Hand abspeisen lassen. Nimmt die G-10-Kommission ihren Auftrag ernst, gibt es auch für sie nur einen Weg: Sie muss auf ihre Rechte pochen. In alle relevanten Unterlagen darf sie Einsicht nehmen - so steht es im Gesetz. Jetzt gilt's.

Ob die Kommission in Karlsruhe klageberechtigt ist, mag umstritten sein. Versuchen sollte sie es. Wer Grundrechte schützen will, darf vor der Regierung nicht kuschen. Weder vor der deutschen noch vor der amerikanischen.

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: