Nahostkonflikt:Israel nimmt mehr als 50 Palästinenser fest

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Militäraktion nach der Waffenruhe: Während es im Gazastreifen ruhig bleibt, hat die israelische Armee im Westjordanland 55 mutmaßliche Extremisten gefangen genommen. Begründet werden die Festnahmen mit "terroristischen und gewaltsamen Aktivitäten". Die Bundesregierung sagte 1,5 Millionen Euro an humanitärer Hilfe zu.

Während im Gazastreifen die Waffenruhe stabil scheint, geht Israel im Westjordanland gegen mutmaßliche Extremisten vor: Das Militär nahm in der Nacht zum Donnerstag 55 mutmaßliche Mitglieder radikaler Palästinenserorganisationen fest. Die Armee teilte mit, unter den Festgenommenen seien mehrere führende Köpfe von Terrorgruppen.

Hintergrund der Aktion seien "die jüngsten terroristischen und gewaltsamen Aktivitäten" im Westjordanland. Die Armee werde weiterhin alles daran setzen, um Angriffe von palästinensischen Terroristen auf israelische Städte zu verhindern.

Waffenstillstand hat Bestand

Währendessen scheint der nach acht Tagen heftiger Kämpfe vereinbarte Waffenstillstand zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas zu halten. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv sagte am Donnerstag, seit Mitternacht habe es keine Raketenangriffe mehr auf israelische Städte gegeben. Auch Israels Luftwaffe habe keine Ziele im Gazastreifen angegriffen.

Der israelischen Polizei zufolge schossen militante Palästinenser nach Inkrafttreten des Waffenstillstands am Mittwoch um 20 Uhr noch vereinzelt Raketen auf Südisrael ab, die jedoch auf offenem Gelände niedergingen. Verletzt wurde niemand.

Der UN-Sicherheitsrat forderte Israel und die radikalislamische Hamas zur Einhaltung der Waffenruhe auf. Beide Seiten sollten die Vereinbarung ernsthaft umsetzen, erklärte das 15-köpfige Gremium in New York. Zugleich rief der Rat die internationale Gemeinschaft dazu auf, Nothilfe wie Lebensmittel für die Palästinenser im Gazastreifen zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung sagte daraufhin 1,5 Millionen Euro für die Bevölkerung in Gaza zugesagt.

Ägyptens Außenminister Mohammed Amr hatte die Einigung bei einer Pressekonferenz mit US-Außenministerin Hillary Clinton am Mittwochabend in Kairo verkündet. Das Abkommen war nach einer guten Woche heftiger Kämpfe auf internationalem Druck hin zustande gekommen. Israel kündigte an, der Waffenruhe eine Chance zu geben, drohte aber für den Fall einer Missachtung mit einer erneuten Militäraktion. Auch die Hamas begrüßte die Einigung. Das vorläufige Ende der Gewalt wurde international mit Erleichterung aufgenommen.

Obama sagt Israelis mehr Militärhilfe zu

US-Präsident Barack Obama lobte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in einem Telefonat für dessen Zustimmung zu einer Waffenruhe im Gaza-Konflikt. Gleichzeitig sagte Obama den Israelis mehr Militärhilfe zum Ausbau ihres Raketenabwehrsystems Iron Dome (Eiserne Kuppel) zu, teilte das Weiße Haus mit. Verteidigungsminister Ehud Barak zufolge fing das Abwehrsystem 85 Prozent der aus dem Gazastreifen abgefeuerten Raketen ab. Angaben des Weißen Haus zufolge, habe Obama in einem weiteren Telefonat dem ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi für seine Anstrengungen gedankt, die Waffenruhe zu vermitteln.

Israel hatte am Mittwochabend zugesagt, nach 24 Stunden die Grenzübergänge in den Gazastreifen wieder zu öffnen, sollte die Feuerpause eingehalten werden. Dem israelischen Rundfunk zufolge, soll die Waffenruhe zu einem Abkommen über einen dauerhaften Waffenstillstand führen. Für die Überwachung des Abkommens ist Ägypten zuständig.

[] Israel muss alle feindseligen Aktionen im Gazastreifen von Land, von See und aus der Luft stoppen. Dazu gehören auch Überfälle und gezielte Angriffe auf Personen.

[] Die palästinensischen Gruppierungen müssen alle Feindseligkeiten vom Gazastreifen gegen Israel beenden, darunter das Abfeuern von Raketen und Angriffe entlang der Grenzen.

[] Innerhalb von 24 Stunden nach Inkrafttreten der Waffenruhe müssen die Grenzübergänge geöffnet sein und das Überqueren der Grenze durch Menschen ermöglicht werden, dies gilt auch für Waren. Es ist untersagt, die Bewegungsfreiheit der Menschen einzuschränken oder sie an der Grenze anzugreifen.

[] Ägypten erhält Garantien, dass beide Seiten sich an die Vereinbarungen halten. Jede Partei ist verpflichtet, auf Aktionen zu verzichten, die diese Übereinkunft brechen.

(Den Originaltext der Vereinbarung auf Englisch finden sie hier.)

Aus israelischen Kreisen hieß es, Israel werde jedoch nicht - wie von der Hamas gefordert - die Blockade das Gazastreifens komplett aufheben.

Im Gazastreifen feierten Tausende das Ende der achttägigen israelischen Bombardierungen. Von den Minaretten der Moscheen wurden Siegesbotschaften verkündet. Bewaffnete feuerten Freudenschüsse in den Nachthimmel. "Wir haben dem zionistischen Feind (Israel) eine Lektion erteilt", sagte der Chef der Hamas-Regierung, Ismail Hanija, vor Journalisten.

Bereits am Dienstag hatte es Gerüchte über eine Feuerpause gegeben. Israel hatte diesen aber umgehend widersprochen. Ein Bombenanschlag auf einen Bus in Tel Aviv an diesem Mittwoch hatte die Hoffnungen auf eine rasche Waffenruhe im Nahostkonflikt zusätzlich gedämpft. Mindestens 15 Menschen wurden bei dem Attentat zum Teil schwer verletzt.

Seit Beginn der Gaza-Offensive am Mittwoch vergangener Woche wurden 146 Palästinenser getötet, etwa die Hälfte davon Zivilisten. Auch fünf Israelis kamen ums Leben, darunter ein Soldat und ein Beduine aus der Negev-Wüste. In der vergangenen Woche flog Israel mehr als 1500 Angriffe auf Gaza. Aus dem Gazastreifen wurden fast 1400 Raketen auf Israel abgefeuert.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/feko/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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