Freihandelsabkommen:Letzte Rettung für Ceta

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Europaweiter Protest: Gegner des Abkommens mit Kanada demonstrieren in Warschau. (Foto: Agenja Gazeta/Reuters)

Der EU-Gipfel soll diese Woche die Widerstände gegen das umstrittene Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) brechen. Bislang konnten sich die Handelsminister noch nicht einigen.

Von Daniel Brössler, Luxemburg

Die Europäische Union stößt auf dem Weg zum umstrittenen Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) auf immer neue Schwierigkeiten. Den EU-Handelsministern gelang es am Dienstag bei einem Treffen in Luxemburg nicht, eine Einigung über das Abkommen zu erzielen. Belgien, Rumänien und Bulgarien verweigerten aus unterschiedlichen Gründen vorerst ihre Zustimmung. Nun soll das Abkommen beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag gerettet werden. Belgien konnte bislang Vorbehalte des wallonischen Regionalparlaments nicht ausräumen. Rumänien und Bulgarien verlangen visafreie Reisen ihrer Bürger nach Kanada.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström machte klar, dass der Zeitplan nur eingehalten werden könne, wenn die Hindernisse bis zu diesem Freitag beseitigt seien. Am 27. Oktober soll das Abkommen eigentlich bei einem EU-Kanada-Gipfel mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau unterzeichnet werden. Ohne rechtzeitige Zustimmung aller Mitgliedstaaten müsste der Gipfel abgesagt werden, was für die EU einer Blamage gleichkäme. "Wenn die EU mit 500 Millionen Einwohnern nicht in der Lage ist, ein Handelsabkommen mit einem Land mit 38 Millionen Einwohnern abzuschließen, dann stellt sich die Frage nach dem Sinn der EU-Handelspolitik und vielleicht auch nach dem Sinn der EU als solcher", sagte der slowakische Wirtschaftsminister Peter Žiga, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat. "Wenn wir nicht mit Kanada abschließen können, wird die Welt fragen: Ist die EU ein verlässlicher Partner?", mahnte Malmström.

Erfüllt worden sind nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts. "Ich bin sehr zufrieden, weil Deutschland die Bedingungen, die das Bundesverfassungsgericht uns gesetzt hat, alle hier einvernehmlich durchsetzen konnte", sagte er. Das Gericht hatte die Zustimmung der Bundesregierung zu Ceta in einer Eilentscheidung zwar nicht untersagt, aber mehrere Bedingungen gestellt. So sollte sich Deutschland unter anderem eine Ausstiegsmöglichkeit offenhalten für den Fall, dass das Gericht den Vertrag in einem späteren Hauptsacheverfahren doch noch für verfassungswidrig erklärt.

Das Abkommen beseitigt fast alle Zölle und gleicht Standards an. Stimmen alle EU-Staaten rechtzeitig zu, soll es von kommendem Frühjahr an solange "vorläufig" angewendet werden, bis alle Parlamente den Vertrag ratifiziert haben. Es sei nun gesichert, dass ein Ausstieg auch dann noch möglich sei, sagte Gabriel. Hierzu mussten Bedenken vor allem der Niederlande ausgeräumt werden.

Die Handelskommissarin sorgt sich um die Glaubwürdigkeit der EU

Berücksichtigt wurden die deutschen Wünsche in rechtsverbindlichen Erklärungen der EU und Kanadas. Gesorgt sei dadurch für eine klare Abgrenzung zwischen nationaler und europäischer Zuständigkeit. Außerdem erhielten die in dem Vertrag vorgesehenen Ausschüsse nicht das Recht, Ceta zu verändern.

Kritik am Verhalten Belgiens äußerte der slowakische Wirtschaftsminister Žiga. Er verstehe "nicht ganz", dass Ceta ausgerechnet an einem Gründungsmitglied der EU scheitern könnte. Die belgische Regierung benötigt vor einer Zustimmung zu dem Abkommen das Ja aller Regionalparlamente, was bisher von der Wallonie verweigert wird. Der belgische Außenminister Didier Reynders äußerte die Hoffnung, dass man bis zum EU-Gipfel einer Lösung näherkomme.

EU-Handelskommissarin Malmström äußerte sich zuversichtlich. "Wenn du in diesem Geschäft bist, musst du ein Optimist sein. Das ist Pflicht", sagte sie. Man versuche die Bedenken aus der Wallonie auszuräumen.

Sie räumte ein, dass die langwierigen Ceta-Verhandlungen grundsätzliche Fragen über die Handlungsfähigkeit der EU in der Handelspolitik aufgeworfen hätten. "Wir müssen eine Diskussion über die Zukunft führen", sagte sie.

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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