Frankreichs Präsident Hollande:Monsieur le Scherzkeks

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Käse kosten ja, Kühe herzen ja, doch über seinen Vorgänger witzeln: auf gar keinen Fall. Auf der Internationalen Landwirtschaftsmesse pflegt François Hollande sein Image als jovialer Witzbold. Die Opposition findet das nicht gerade lustig.

Von Stefan Ulrich, Paris

Zwischen zwei Bissen: "Unelegant" und "deplatziert" fanden einstige Minister Sarkozys die Bemerkungen von Hollande bei der Landwirtschaftsmesse in Paris. (Foto: REUTERS)

Der Brauch will es, dass der französische Präsident alljährlich die Internationale Landwirtschaftsmesse in Paris eröffnet. Also dufte François Hollande nun Kühe herzen, Käse kosten, Milch trinken und Bauern tätscheln. An einem Stand beugte er sich zu einer Gruppe Kinder hinunter und plauderte mit ihnen. "Ich habe nie Nicolas Sarkozy gesehen", beklagte sich ein Mädchen. Hollande antwortete unter dem Gelächter seines Gefolges: "Ach ja - Du wirst ihn auch nicht mehr sehen!"

Ein harmloses Späßchen? Weit gefehlt. Ein halbes Dutzend von Sarkozys einstigen Ministern fiel sofort voll Abscheu und Empörung über Hollande her. "Unelegant" und "deplatziert" sei dessen Bemerkung, zweideutig und voller kleinkariertem Kalkül. Der frühere Bildungsminister Luc Chatel tadelte, die Franzosen bräuchten keinen Kabarettisten im Élysée. Am schärfsten ging Sarkozys einstige Wahlkampfsprecherin Nathalie Kosciusko-Morizet mit dem Präsidenten ins Gericht. Hollande habe eine Sarkozy-Obsession, sagte die aufstrebende Politikerin mit vorwurfsvollster Miene. Sein "schlechter Scherz" sei eine Entgleisung, die Millionen Franzosen beleidigt habe.

Konkurrenten unterschätzten Hollande

Die Reaktionen fielen womöglich so scharf aus, weil etliche konservative Politiker eine Rückkehr Sarkozys in die Politik herbeisehnen. Da ärgert es sie, wenn Hollande sagt, Sarkozy komme eh nicht wieder. Zudem glauben sie, den Präsidenten an einem wunden Punkt zu treffen. Denn Hollande wird immer wieder vorgeworfen, ihm fehle es an Seriosität und Statur für sein Amt.

Tatsächlich wurde der leutselige Sozialist früher sogar von Parteifreunden "Monsieur Petites Blagues" gerufen, was sich als "Herr der Kleinen Späße" übersetzen ließe - oder salopper als "Scherzkeks". Während seiner langen Karriere als Parteikader pflegte Hollande sein Image als jovialer, amüsanter und gutmütiger Mann. Die Folge: Viele Konkurrenten unterschätzten ihn. "Hollande Präsident? Nicht einmal im Traum!", versicherte einmal der heutige Außenminister Laurent Fabius.

Monsieur Scherzkeks macht ernst

Doch dann machte Monsieur Scherzkeks ernst. Erst rang er überraschend all seine partei-internen Rivalen nieder, dann schlug er bei der Präsidentschaftswahl 2012 Sarkozy. Im Élysée angelangt, arbeitete Hollande an einem Imagewandel. Er wusste: Etwas gravitätisch soll der erste Mann im Staat schon sein. So wurde aus dem lustigen Sozialisten ein etwas hölzerner Präsident. Man sah es ihm an, dass er da eine Rolle spielte, die seinem Charakter nicht entsprach.

Doch nun scheint der heitere Hollande wieder durchzubrechen. Als Benedikt XVI. zurücktrat, würdigte Hollande auf einer Pressekonferenz im Élysée-Palast dessen Verdienste. Dann sagte er mit spitzbübischem Lächeln, er stelle keinen Kandidaten für die Papstwahl auf. Auch da verstand die Opposition keinen Spaß. Hollande habe sich daneben benommen, klagte sie. Er solle sich ein Beispiel an den würdigen Reaktionen Barack Obamas und Angela Merkels nehmen.

Die katholische Zeitung La Croix kommentierte den Vorfall dagegen mit den Worten, der Papst werde sich über das Späßchen kaum ärgern. "Benedikt XVI. ist ein Mann mit Humor."

© SZ vom 26.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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