Frankreich:Tollkühner Sozialist

Manuel Valls muss die gesamte Linke einen.

Von Christian Wernicke

Mut hat der Mann. Manuel Valls, Frankreichs bisheriger Premierminister, hat sich auf Tollkühnes eingelassen. Als Kandidat der zerrütteten Sozialisten will er im Mai Präsident werden. Valls traut sich zu, wovor sein Chef François Hollande vorige Woche zurückschreckte: Der Sozialdemokrat glaubt, er könne trotz der schlechten Stimmung im Land und gegen eine Heerschar von bereits 14 Mitbewerbern der regierenden Linken den Élysée-Palast retten.

In gewisser Weise tritt Valls an, um sich selbst zu widerlegen. Noch zu Jahresbeginn hatte der bisherige Regierungschef bitter gelästert über "jene veraltete Linke" vermeintlicher Gutmenschen, die unfähig zum Regieren sei. Valls unterschied damals kategorisch zwischen zwei Varianten der Linken: seinem Lager, das Verantwortung übernehme, und dem anderen, das sich stets vor der Realität drücke. Damit meinte Valls auch den linken Flügel seiner Partei. Beide Seiten, so orakelte Valls, seien längst "unversöhnlich".

Nun, als Kandidat für das Präsidentenamt, muss Valls die gesamte Linke um sich scharen - und sie einen. In nur sieben Wochen beginnt die Vorwahl der Sozialisten. Diese droht zum Tribunal gegen den Reformkurs von Hollande zu werden, und zur Abrechnung mit dem ehemaligen Premier. Mag sein, dass Valls die Urwahl übersteht. Aber jene vereinte Linke, die ihn im Mai bis in den Élysée tragen könnte, ist noch nirgendwo zu erkennen.

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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