Frankreich:Sarkozy soll vor Gericht

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Um in den Umfragen aufzuholen, soll der Ex-Präsident im Jahr 2012 teure Veranstaltungen angeordnet und so Wahlkampfregeln verletzt haben.

Der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy soll sich wegen illegaler Wahlkampffinanzierung vor Gericht verantworten. Ein Untersuchungsrichter ordnete nach Justizangaben vom Dienstag einen Prozess gegen den konservativen Politiker an. Sarkozy wird vorgeworfen, im Wahlkampf 2012 die in Frankreich zulässige Obergrenze von 22,5 Millionen Euro Wahlkampfbudget massiv überschritten zu haben. Um das zu verdecken, soll die konservative Partei des damaligen Amtsinhabers durch falsche Rechnungen rechtswidrig Wahlkampfkosten in Höhe von etwa 15 Millionen Euro übernommen haben.

Die beiden Ermittlungsrichter, die mit dem Fall betraut sind, scheinen uneinig zu sein

Sarkozy wird nicht etwa vorgeworfen, von diesem mutmaßlichen Betrug mit falschen Rechnungen gewusst zu haben. Er soll aber zusätzliche Wahlkampfveranstaltungen angeordnet haben, wohlwissend, dass er damit die für alle Kandidaten geltende Obergrenze überschreiten würde. In der Affäre erhob Untersuchungsrichter Serge Tournaire Anklage gegen Sarkozy und 13 weitere Beschuldigte. Darunter sind frühere Parteiverantwortliche, Wahlkampforganisatoren und Mitarbeiter der PR-Agentur Bygmalion. Eine Tochterfirma des Unternehmens hatte die Wahlkampfveranstaltungen für Sarkozy organisiert, die Affäre ist deswegen als Bygmalion-Affäre bekannt.

Sarkozys Anwalt Thierry Herzog kündigte am Dienstag an, Berufung gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters einzulegen. Er teilte mit, dass nur einer der beiden mit dem Fall befassten Ermittlungsrichter die Entscheidung unterzeichnet hatte. "Diese offensichtliche Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Richtern zeigt die Sinnlosigkeit dieser Entscheidung", erklärte Herzog.

Sarkozy bestreitet, dass seine Wahlkampfkosten 2012 explodiert seien. Seine Partei, die damals noch UMP hieß und sich inzwischen in Republikaner umbenannt hat, unterlag damals dem Sozialisten François Hollande. Im Herbst vergangenen Jahres musste Sarkozy erneut seinen Traum von einer weiteren Amtszeit im Elysée-Palast beerdigen: Bei der Vorwahl der Republikaner für die Präsidentschaftskandidatur scheiterte der 62-Jährige. Sie gewann sein Ex-Premierminister François Fillon, der inwzischen wegen einer Scheinbeschäftigungs-Affäre unter Druck geraten ist.

Sarkozy wäre der zweite Ex-Staatschef in der Geschichte der Fünften Republik, der sich in Frankreich vor Gericht verantworten muss. 2011 wurde sein Vorgänger Jacques Chirac zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt, weil er in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister in den 1990er-Jahren ein System von Scheinarbeitsstellen aufgebaut hatte.

© SZ vom 08.02.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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