Frankreich:Razzia bei Google

Lesezeit: 2 min

Hundert Beamte, darunter Finanz- und Informatikexperten, durchsuchen die Filiale des Konzerns. Es besteht der Verdacht auf Steuerbetrug, da Google Einnahmen über seine Europa-Zentrale in Irland abrechnet.

Von Bastian Brinkmann, München

Die Pariser Niederlassung des Internetkonzerns Google ist am Dienstag von Steuerfahndern durchsucht worden. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass der US-Konzern im großen Stil Geschäfte in Irland verbucht hat, obwohl er sie in Frankreich hätte anmelden und versteuern müssen. Der Staat fordere Nachzahlungen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro von Google, berichteten französische Medien. Das Finanzministerium bestätigte die Summe offiziell nicht.

Google hat in Frankreich wie in Deutschland eine Niederlassung. Diese Gesellschaften sind allerdings laut Geschäftszweck nur dafür da, Verträge an die Europazentrale des Konzerns zu vermitteln, die in Irland sitzt. Wer auf Google Anzeigen schalten möchte, schließt also nicht einen Vertrag mit der Niederlassung ab, sondern wird Geschäftspartner der Dublin-Vertretung. In Irland ist der Steuersatz für Unternehmen nicht einmal halb so hoch wie in Deutschland. Google verschiebt außerdem Gewinne von Irland über eine Firmen-Konstruktion in den Niederlanden in die Karibik. Dort müssen Konzerne teilweise gar keine Steuern zahlen. Finanzleute nennen dieses Modell "Double Irish Dutch Sandwich". Google gilt als bekanntester Nutzer dieses legalen Steuertricks.

Frankreichs Beamte prüfen nun allerdings, ob der Konzern nicht doch im Land stärker steuerpflichtig ist. Das Vorermittlungsverfahren sei bereits im vergangenen Juni nach einer Klage der französischen Finanzverwaltung eröffnet worden, teilte die Finanz-Staatsanwaltschaft mit. An der Durchsuchung seien etwa hundert Beamte beteiligt gewesen, darunter Finanz- und Informatik-Experten. Die Staatsanwaltschaft betonte zugleich die Unschuldsvermutung. Google nahm nicht näher Stellung. "Wir halten uns an die Steuergesetzgebung in Frankreich genauso wie in allen anderen Ländern, in denen wir tätig sind", sagte ein Sprecher lediglich. Google kooperiere mit den Behörden.

In Europa stehen die Steuertricks von Konzernen zunehmend in der Kritik. Die Europäische Kommission führt mehrere Verfahren gegen Mitgliedsländer, weil sie aus Brüsseler Sicht internationalen Unternehmen unfaire Steuervorteile einräumen. Prominente Fälle sind die Luxemburger Niederlassung des Versandhändlers Amazon und die irische Gesellschaft des IT-Konzerns Apple. Die EU-Kommission will die Staaten verpflichten, nachträglich Steuern von den Unternehmen einzufordern; die Verfahren laufen noch. Allerdings könnten die Regierungen sich gegen die Bescheide wehren. Sie befürchten, dass die Konzerne abwandern würden, wenn sie keine Steuervorteile im Land mehr bekämen.

Die Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G 20) hat sich vor Kurzem ebenfalls gegen Steuerflucht ausgesprochen. Dafür sollten nationale Geschäftsberichte ausgetauscht werden. Konzerne wie Google müssten auflisten, wie viel Umsatz und Mitarbeiter sie in jedem Staat hätten. Allerdings sollten diese Berichte nur Steuerbeamten zugänglich sein, um Geschäftsgeheimnisse zu wahren.

© SZ vom 25.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: