Frankreich:Dilemma der Linken

Bei der Vorwahl der Sozialisten steht der populärste Linke nicht zur Wahl.

Von Christian Wernicke

Frankreichs Sozialisten sind gespalten. Ihr Schisma entspricht einem Muster, das überall die Linke teilt. Und schwächt. Da gibt es die Realpolitiker, die "Globalisierung gestalten" und deshalb regieren wollen. Sie lieben die Macht, dafür pfeifen sie notfalls auf den Sozialismus. Auf der anderen Seite sammeln sich jene, die gegen die "Herrschaft des globalen Kapitalismus" sind und in Gegenwelten leben wollen. Sie träumen vom wahren Sozialismus.

Eigentlich braucht jede anständige Linke beide Hälften. Denn die einen verkommen ohne die anderen zu Technokraten, und die anderen bleiben ohne die einen ewig machtlos. Dennoch, das traurige Entweder-Oder quälte am Sonntag Frankreichs Sozialisten bei der Vorwahl des Präsidentschaftskandidaten. Ein Drittel der Vorwähler votierte für die Macht, für Manuel Valls, den Tatmenschen. Ein zweites Drittel für Benoît Hamon, den Utopisten. Vorteil für Fundis: Bis zur Stichwahl dürfte es Hamon gelingen, alle Gesinnungslinken um sich zu scharen - um sie in die garantierte Opposition zu führen. Das Dilemma der Linken mag erklären, warum sich weit weniger Franzosen als vor fünf Jahren zur Vorwahl aufrafften. Doch es gibt noch einen guten Grund: Emmanuel Macron, schillerndster Kopf der Linken, machtbewusst und voller Ideen, stand nicht zur Wahl bei der "Primaire". Wer Hoffnung sucht im PS-Elend, dem bleibt allemal Macron.

© SZ vom 23.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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