Flugsicherheit:Die Größe ist entscheidend

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Warum die Akkus in Laptops und Tablets gefährlicher sind als in Smartphones - und andere Risiken im Frachtraum lauern, als in der Kabine.

Von Christian Endt und Ronen Steinke

Im Luftverkehr ergreift man Vorsichtsmaßnahmen normalerweise nicht alleine, sondern länderübergreifend, etwa das Verbot von Flüssigkeiten im Handgepäck. Solche Regeln gelten mindestens europaweit. Schließlich steigen Flugpassagiere auch um. Es mutet daher seltsam an, wenn die US-Behörden Laptops auf bestimmten Flügen aus muslimischen Ländern - und womöglich bald auch in Europa - verbieten, aber die zugrunde liegenden, angeblich geheimdienstlichen Erkenntnisse nicht mit europäischen Staaten teilen.

Gab es bereits Anschläge, bei denen präparierte Laptops verwendet wurden?

Am 2. Februar 2016 kam es in einem Flugzeug der somalischen Daallo Airlines kurz nach dem Start in Mogadischu zu einer Explosion im Passagierraum. Das ist bisher der einzige bekannte Vorfall dieser Art. Das Flugzeug befand sich zu dem Zeitpunkt bereits auf einer Flughöhe von mehr als 3000 Metern, die Detonation riss ein etwa einen Meter großes Loch in die Außenwand, es hätte zur Katastrophe kommen können. Getötet wurde aber nur der Attentäter selbst. Der entstandene Sog zog ihn nach draußen, zwei weitere Passagiere wurden lediglich verletzt. Dem Piloten gelang es, das Flugzeug auf dem Flughafen von Mogadischu notzulanden. Zu dem Anschlag bekannte sich die somalische Al-Shabaab-Miliz, die zum Netzwerk der Terrorgruppe al-Qaida gehört. Somalias Sicherheitsbehörden vermuteten hinterher, dass der Sprengstoff in einem Notebook versteckt gewesen sei. Auf Überwachungsvideos sei zu sehen, wie dem mutmaßlichen Täter ein Laptop durch einen Flughafenmitarbeiter übergeben wurde.

Berichten amerikanischer und britischer Medien zufolge haben nun US-Geheimdienste Hinweise darauf, dass die Terrormiliz Islamischer Staat Attacken nach einem ähnlichen Muster plane - mit Bomben, die in Akkus verborgen sind.

Ließe sich der Sprengstoff nicht bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen erkennen?

Moderne Laptop- oder Tablet-Akkus werden aus Lithium hergestellt, und es gibt Sprengstoffe, die sich davon bei den Sicherheitskontrollen am Flughafen kaum unterscheiden lassen. US-Behörden haben laut New York Times Tests durchgeführt - mit ernüchterndem Ergebnis. So sehr die Sicherheitskontrollen an Flughäfen in den vergangenen Jahren auch verfeinert wurden, es gab eine Reihe von Sprengstoffen, die, versteckt in Laptopbatterien, fast immer unentdeckt blieben. Bislang ist nicht bekannt, welche Art von Sprengstoff die US-Geheimdienste genau hinter der Bedrohung vermuten. Bei Handgepäckkontrollen am Flughafen werden meist nur zweidimensionale Röntgenbilder der Gepäckstücke gemacht. Von dem Gepäck hingegen, das in den Frachtraum kommt, werden mittels Computertomografie dreidimensionale Röntgenbilder aufgenommen, was die Sprengstofferkennung erleichtert. In Zukunft, so heißt es deshalb auch bei europäischen Sicherheitsbehörden, soll auch das Handgepäck mit Computertomografie durchleuchtet werden.

Warum sollen Laptops und Tablets gefährlicher sein als Handys? Letztere bleiben im Handgepäck ja erlaubt.

Es scheint um Größe zu gehen. Das US-Heimatschutzministerium hat eine Liste der neuerdings verbannten Geräte veröffentlicht, die alle eine gewisse Mindestgröße gemeinsam haben: Laptops, Tablet-Computer, E-Reader, Kameras, tragbare DVD-Spieler, Drucker, Scanner und Spielekonsolen, sofern sie "größer als ein übliches Smartphone" sind. Nur Großbritannien hat das Kriterium der Größe konkretisiert: 16 Zentimeter lang, 9,3 Zentimeter breit, 1,5 Zentimeter hoch, dann dürfe das Gerät nicht mit ins Handgepäck. Falls es stimmt, dass sich die Sorgen der Behörden eigentlich auf die Akkus dieser Geräte beziehen, wäre es zwar präziser, ein Verbot von der Größe der Akkus abhängig zu machen, es ist aber kaum praktikabel. Eine weitere Gemeinsamkeit der US- und der britischen Verbotsregelung: Medizinische Geräte bleiben an Bord erlaubt.

Warum sollen Laptops in der Kabine gefährlicher sein als Laptops, die im Frachtraum verstaut sind?

In der Kabine kann ein möglicher Attentäter dreierlei tun. Er kann eine Bombe, die aus verschiedenen Komponenten besteht, zusammensetzen und somit scharf machen; er kann sie an einer besonderen Stelle platzieren, wo sie auch mit geringer Sprengkraft großen Schaden anrichten kann, etwa direkt an einer Außenwand; und er kann den Sprengsatz manuell auslösen. Liegt eine Bombe dagegen im Frachtraum, hat er keinen Einfluss auf die genaue Position des Gepäckstücks. Andererseits ist offen, ob die Verbannung aller Laptops in den Frachtraum nicht ein neues Risiko birgt. Davor warnt der europäische Pilotenverband European Cockpit Association. Es passiert immer wieder, dass Lithium-Ionen-Akkus an Bord von Flugzeugen in Flammen aufgehen, zuletzt etwa bei Handys des Typs Samsung Galaxy. Einen solchen Brand kann das Personal im Passagierraum schnell löschen, im Frachtraum ist es machtlos.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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