Flüchtlingspolitik:Klöckners "eigenständige Initiative"

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Die Regierung geht auf Distanz zu den Plänen der CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz. Die CSU lobt Plan A2 und droht Merkel.

Von Stefan braun, Daniela Kuhr und Michael bauchmüller, Berlin/München

Die CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, hat mit ihrem Vorschlag für die Einführung von Tageskontingenten bei der Aufnahme von Flüchtlingen in der Koalition sehr unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Während die CSU Unterstützung signalisierte, lehnte SPD-Chef Sigmar Gabriel die Pläne rundweg ab. Kanzlerin Angela Merkel gab sich Mühe, sich die Ideen der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Klöckner weder komplett zu eigen zu machen noch sie offen zu geißeln.

Regierungssprecher Steffen Seibert bezeichnete den Vorstoß Klöckners am Montag als "eigenständige Initiative", über die Klöckner die Kanzlerin allerdings vorab informiert habe. Die Kanzlerin halte gleichwohl an ihrem Kurs fest, auf internationaler Ebene eine "nachhaltige und spürbare Verringerung der Flüchtlingszahlen" zu erreichen. Seibert betonte zugleich, Klöckners Vorschläge würden die Politik der Bundesregierung zum Teil ergänzen, zum Teil würden sich die Pläne auch überlappen, sagte Seibert.

Nicht als Widerspruch zur bisherigen Politik, sondern als Ergänzung betrachtet die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner ihr Positionspapier zur Asylpolitik. (Foto: Fredrik Von Erichsen/dpa)

Klöckner plädiert in ihrem sogenannten Plan A2 für Grenzzentren, in denen alle Flüchtlinge registriert und untersucht werden. Nach einer ersten Prüfung des Asylantrags sollen nur die Asylbewerber durchgelassen werden, die eine klare Bleibeperspektive haben. Zudem regt Klöckner flexible Kontingente pro Tag an. Durchgelassen werden sollen nur so viele, wie Länder und Kommunen aufnehmen können.

Aus München kam dazu massive Unterstützung. Dies seien Positionen, "die die CSU seit Monaten vertritt", sagte Ministerpräsident Horst Seehofer. Die CSU will in der Flüchtlingspolitik alle Mittel ausschöpfen, um Merkel zu einem Kurswechsel und zu einer Flüchtlingsobergrenze zu zwingen. "Die Wende muss in den nächsten Wochen, Monaten kommen", sagte Seehofer. "Wir werden nicht lockerlassen." Die Wende dürfe es nicht erst geben, wenn wieder eine Million Menschen nach Deutschland gekommen sei.

Besonders verärgert über den Vorstoß aus Mainz sind die Sozialdemokraten

An diesem Dienstag will die Staatsregierung zunächst einen offiziellen Brief an den Bund auf den Weg bringen, in dem Bayern die Sicherung der deutschen Grenzen fordert. Wenn es keine angemessene Reaktion auf den Brief gebe, werde nach Worten Seehofers die lang angedrohte Klage vor dem Bundesverfassungsgericht folgen. "Wir werden alle rechtlichen und politischen Mittel ausschöpfen."

SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem "Wahlkampf-Vorschlag, der die Grenzen nicht überschreiten sollte". Grenzzentren seien nichts anderes als jene Transitzonen für Tausende Menschen, die die Sozialdemokraten schon vor Monaten "abgeräumt" hätten. "Das wird nicht Gegenstand der Beratungen der Bundesregierung", sagte der Vizekanzler. Die SPD ist besonders verärgert, dass Klöckner sich mit ihrem Vorschlag wenige Wochen vor der Landtagswahl in Rhein-Pfalz gegen die Amtsinhaberin Malu Dreyer von der SPD profilieren möchte.

Ungeachtet der Debatte über Obergrenzen oder Klöckners Vorschlag hat Kanzleramtschef Peter Altmaier davor gewarnt, durch falsche Signale über einen möglichen deutschen Kurswechsel im Nahen Osten Panik und Kurzschlussreaktionen unter den Flüchtlingen auszulösen. Der Fuldaer Zeitung sagte er, wenn man jetzt eine baldige Schließung der deutschen Grenzen suggeriere, sei die Gefahr groß, dass erst recht viele Menschen versuchen würden, davor noch nach Deutschland zu gelangen.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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