Flüchtlinge:Wo Oppermann recht hat

Auffanglager in Libyen - diese Idee sollte man nicht einfach wegwischen.

Von Roland Preuss

Es ist einfach, Thomas Oppermann nun heftig anzugreifen. Auffanglager für Flüchtlinge in Nordafrika? Das sei sinnlos, verstoße gegen Menschenrechte und diene nur der Abschottung, heißt es nun von vielen Seiten. Und tatsächlich ist mit Blick auf Libyen nicht absehbar, wie in dem Bürgerkriegsland humane Aufnahmelager entstehen sollen, in denen faire Asylverfahren ablaufen. Das dürfte noch ein weiter Weg sein.

Wer die Idee einfach vom Tisch wischt, macht es sich dennoch zu einfach. Zu groß sind die Mängel des jetzigen Systems: Tausende Menschen sterben jedes Jahr bei der Fahrt übers Mittelmeer, ihre Schlepper verdienen prächtig dabei, während der Flüchtlingszustrom die Fliehkräfte der EU verstärkt und viele europäische Grenzen neu entstehen lässt. Ein gutes Modell sieht anders aus. Die Alternative mancher Kritiker, ein sicheres Geleit für alle Flüchtlinge nach Europa, würde die Migrantenzahlen wieder stark steigen lassen - mit allen politischen Folgen.

Deshalb sollten Auffanglager in Nordafrika ernsthaft diskutiert werden. Sie könnten die Zahl der Ertrunkenen tatsächlich reduzieren, so wie dies nach dem EU-Abkommen mit der Türkei der Fall war. Und sie könnten eine Asylprüfung wenigstens für einen Teil der Flüchtlinge bereits in Afrika eröffnen. Die entscheidende Frage ist, ob es gelingt, sichere Lager zu schaffen, die europäischen Ansprüchen gerecht werden.

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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