Flüchtlinge:Vom Recht auf Familie

Eltern von Minderjährigen sollen nicht mehr nachkommen dürfen. Der Grund dafür klingt zunächst plausibel.

Von Jan Bielicki

Ein Kind, noch keine sechs Jahre alt, kommt ohne Mutter und ohne Vater nach Deutschland und stellt einen Asylantrag - oder vielmehr: Asyl wird in seinem Namen beantragt. Klingt unerhört, kommt aber vor, nicht oft, aber immer öfter: einmal im September, 16-mal im Juli und August. Manchmal reißt es auch Kinder weg von daheim - und von ihren Eltern.

Die weitaus meisten Minderjährigen, die ohne Begleitung eines Elternteils als Flüchtlinge nach Deutschland kommen, sind freilich keine kleinen Kinder mehr, sondern junge Burschen, 16 oder 17 Jahre alt. Aber auch das ist ein Alter, in dem ein Mensch besonders verletzlich ist und besonderen Schutzes bedarf, am besten den seiner Familie. Gerade darum haben junge Flüchtlinge das Recht darauf, wieder mit ihren Eltern vereint zu werden.

Die Bundesregierung will dieses Recht auf Familiennachzug nun begrenzen. Die neue Regelung soll nur einen Bruchteil der jungen Flüchtlinge treffen - und sie hat eine auf den ersten Blick einleuchtende Begründung: Sie soll verhindern, dass Familien ihre Kinder vorausschicken auf die lebensgefährliche Reise nach Europa, um später selbst gefahrlos nachreisen zu können. Natürlich, solche Fälle gibt es. Doch die meisten lassen ihre Kinder nur gehen, weil sie glauben, dass diese es in der Ferne allemal besser haben als im Elend daheim. Aber das darf kein Grund sein, Familien dauerhaft zu trennen.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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