Flüchtlinge:Union im Grenzkonflikt

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière lockert die Kontrollen zu Österreich, Horst Seehofer nennt das "unverantwortlich". Der bayerische Ministerpräsident und der CDU-Minister sind heillos zerstritten.

Von Robert Roßmann, Berlin

Zwischen der bayerischen Staatsregierung und dem Bundesinnenministerium gibt es eine heftige Auseinandersetzung über die Kontrollen an der Grenze zu Österreich. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wirft Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor, die Kontrollen ohne Absprache mit dem Freistaat "spürbar" ausgedünnt zu haben, dieses Vorgehen de Maizières sei "unverantwortlich".

Ein Sprecher des Innenministers wies die Kritik am Mittwoch entschieden zurück. Er sagte der Süddeutschen Zeitung, die Grenzkontrollen würden "seit ihrer Einführung im September immer lageanpasst sowie zeitlich und örtlich flexibel" durchgeführt. Der "Kräfteansatz" habe sich dabei "insbesondere auch an der Zahl der einreisenden Migranten orientiert". Da diese Zahlen schon seit einiger Zeit deutlich niedriger seien als im vergangenen Herbst, seien "im Rahmen des lageangepassten Kräfteeinsatzes im Moment weniger Beamtinnen und Beamte an den Grenzen im Einsatz als das in der absoluten Hochphase der Fall gewesen ist".

Die Zahl der in Bayern ankommenden Flüchtlinge ist in den vergangenen Monaten tatsächlich deutlich gesunken, die Staatsregierung hält das Vorgehen des Bundesinnenministeriums trotzdem für einen schweren Fehler. Nach Ansicht der CSU ist das Ausdünnen der Grenzkontrollen ein falsches Signal, auch weil die Sicherheitslage immer noch schlecht sei.

Das Verhalten des Bundes sei "völlig absurd", sagt Bayerns Innenminister Herrmann

Nach einer Klausur seines Kabinetts in Traunstein hatte Seehofer am Dienstagnachmittag gesagt, angesichts der unzureichenden Überwachung der EU-Außengrenzen sei es die Pflicht der Bundesregierung, die deutschen Grenzen zu kontrollieren und zu sichern. Schon bisher sei diese Pflicht nicht an jedem Grenzübergang erfüllt worden. Wenn die bestehenden Kontrollen nun aber so ausgedünnt würden, dass sie nur stundenweise stattfänden, sei das "einfach nicht zu verantworten". Das müsse "abgestellt werden", sagte der Ministerpräsident. Er sei mit seiner Geduld jetzt "an einer Grenze". Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich ähnlich. Er sagte, das Verhalten des Bundes sei "völlig absurd" und sicherheitspolitisch nicht begründbar.

Der Bundesinnenminister hatte die CSU Anfang April schon einmal verärgert. Damals hatte de Maizière im ORF gesagt, wenn die Flüchtlingszahlen so niedrig blieben, könne man auf eine Verlängerung der Kontrollen verzichten. Er hoffe, dass das bald der Fall sei. Seehofer fühlte sich brüskiert - auch weil er als Vertreter des hauptbetroffenen Bundeslandes aus dem österreichischen Fernsehen von der Ankündigung erfahren hatte. Die Entscheidungsgewalt über ein Ende der Kontrollen liegt formal zwar allein bei de Maizière. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte Seehofer nach dem Streit über den ORF-Auftritt de Maizières aber zu, dass keine Entscheidung ohne Rücksprache mit Bayern fallen werde.

© SZ vom 21.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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