Flüchtlinge:Schulz mit Unterton

Der SPD-Kanzlerkandidat ändert seine Flüchtlings-Rhetorik.

Von Nico Fried

Martin Schulz spricht Wahres: Der Umgang des nicht-italienischen Europas mit der Flüchtlingskrise erinnert an die Zeit vor 2015. Damals ließen die EU-Staaten, vorneweg Deutschland, Italien mit den Menschen allein, die übers Mittelmeer kamen. Angela Merkel hat das selbst als Fehler beschrieben. Wie dessen Wiederholung verhindert werden kann, darüber hört man von der Kanzlerin derzeit wirklich nicht viel.

Der SPD-Kandidat macht immerhin Vorschläge, aber überzeugend sind sie auch nicht. Schulz' Konstrukt sieht vor, dass Länder, die Flüchtlinge aufnehmen, Geld von der EU bekommen. Allzu viele werden sich da nicht finden, zumal Schulz Deutschland gleich mal ausnehmen will. Dazu kommt der sinnlose Aufwand, Flüchtlinge, von denen die meisten nicht bleiben dürfen, in Europa hin- und her- und am Ende doch abzuschieben.

Irritierend am Schulz-Konstrukt ist ein neuer Unterton. Merkels Grenzöffnung 2015, die er stets verteidigte, verbindet er nun mit der Anklage mangelnder Abstimmung. Für die fehlende Solidarität in der EU, für die Schulz stets Leute wie Viktor Orbán verantwortlich machte, will er nun der Kanzlerin eine Mitschuld geben. Das ist ein kläglicher Versuch der Abgrenzung für einen, der auf die Frage, wie er sich beim Flüchtlingsthema von Merkel abgrenzen wolle, einst dem Spiegel sagte: Der Blick der Interviewer auf Politik sei zu taktisch. "So denke ich nicht."

© SZ vom 24.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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