Flüchtlinge:Kein Problem?

Endlich eine besonnene Stimme in der aufgeheizten Debatte.

Von Jan Bielicki

Detlef Scheele war nie einer, der die Lage geschönt hätte. Schon gar nicht, wenn es um Flüchtlinge geht. Als Hamburgs Sozialsenator war der Sozialdemokrat viel zu nah dran an den Schwierigkeiten, die es einer Stadt, einem Viertel bereitet, wenn Hunderte Zuzügler aufgenommen, versorgt, untergebracht und integriert werden müssen.

Und jetzt verbindet derselbe Mann in seiner neuen Rolle an der Spitze der Bundesagentur die schönen Worte "kein Problem" mit einer erstaunlich hohen Zahl: 350 000 Flüchtlinge jährlich könne der Arbeitsmarkt verkraften, kein Problem - allerdings sagt er auch: "rein quantitativ". Tatsächlich schafft Deutschlands Wirtschaft derzeit 700 000 neue Stellen im Jahr, da wird auch für viele Flüchtlinge ein Arbeitsplatz zu finden sein. Schließlich ist mehr als die Hälfte noch nicht 25 Jahre alt - das heißt: formbar und lernfähig. Solche Leute braucht die Wirtschaft.

Klar ist aber auch: Es wird viel Zeit und Mühe kosten, bis sie den Anforderungen deutscher Betriebe genügen. Kein Problem? Doch, natürlich wird es Probleme geben. Wohl 350 000 Flüchtlinge werden 2016 auf Hartz IV angewiesen sein, so einfach und schnell sind die deutsche Sprache und berufliche Kenntnisse nicht zu erwerben. Aber unüberwindbar sind diese Schwierigkeiten eben nicht. In Zeiten, in denen gerne der Untergang mindestens des Abendlands beschworen wird, tut so ein nüchterner Wirklichkeits-Check gut.

© SZ vom 09.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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