Flüchtlinge:In Seenot

Italien verlangt mit Recht die Solidarität der EU-Staaten.

Von Andrea Bachstein

Italiens Regierung hatte recht, auf den Tisch zu hauen im europäischen Haus. Einige Mitbewohner nämlich tun so, als ginge es sie nichts an, dass Italien seiner geografischen Lage wegen zur riesigen Tür für Migranten in die EU geworden ist. Aber es ist auch richtig, dass es sich nun an den Tisch setzt, um mit Frankreich und Deutschland über mehr Hilfe der Partner zu verhandeln. Allerdings müssten andere mit an diesen Tisch, jene europäischen Länder, die Solidarität und Menschlichkeit verweigern.

Was Italien zu seiner verschärften Bitte um Hilfe führt, ist nicht die Zahl von 73 000 Migranten in diesem Jahr. Aber Menschen aus Seenot zu bergen, ist ein anderer Aufwand, als sie an einer Landgrenze in Empfang zu nehmen. Es kostet mehr Anstrengung, mehr Geld, und die Leute, die so ankommen, sind oft in einem elenden Zustand. Vor allem aber sorgt sich Italien, dass kein Ende der großen Flucht von Libyen aus abzusehen ist.

Roms Drohung, NGO-Schiffe voller Flüchtlinge nicht mehr in die Häfen zu lassen, war ein Verzweiflungsruf. Denn Rettungsaktionen sind weder Ursache noch Lösung der Flüchtlingskrise. Europa muss sich wohl auf Jahre hinaus auf diesen Zustrom einstellen, schnelle Abhilfe gibt es nicht. Aber weil das so ist, darf es auch keine Scheinbegründungen geben, nicht solidarisch zu handeln - mit Italien, mit den Flüchtlingen. Das sollte auch beim G-20-Gipfel die Botschaft sein.

© SZ vom 03.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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