Finnland:Von rechts nach ganz rechts

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Mit der Wahl ihres neuen Parteichefs Jussi Halla-aho schwenken "Die Finnen" auf einen ultranationalistischen Kurs ein. Damit riskier t die Partei ihre Regierungsbeteiligung. Die Koalitionspartner sind bestürzt.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Finnlands Rechtspopulisten haben am Samstag einen neuen Parteichef gewählt - und riskieren mit ihrer Entscheidung für Jussi Halla-aho ihren Verbleib in der Regierung. Jussi Halla-aho ist ein Provokateur mit extremen Ansichten zur Einwanderungspolitik. Innerhalb der Partei gilt er als Gegenpol zu seinem Vorgänger Timo Soini, der "Die Finnen" 20 Jahre lange auf einen gemäßigten Kurs geführt hatte. Soini brachte die Partei 2015 in die Regierung, Halla-aho könnte sie nun wieder hinausschleudern. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen haben ihn die Parteimitglieder beim Kongress in Jyväskylä mit großer Mehrheit gewählt.

Jussi Halla-aho, 46, EU-Kritiker, sitzt seit 2014 für die Partei im Europaparlament und fällt dort häufig durch islam- und ausländerfeindliche Äußerungen auf. Seine rechtsextremen Positionen machen ihn für Premierminister Juha Sipilä und Finanzminister Petteri Orpo zu einem gefährlichen politischen Partner. Sie stehen den beiden konservativen Parteien vor, die mit den Rechtspopulisten koalieren.

"Die Finnen-Partei ist jetzt eine komplett neue Partei", sagte Premier Juha Sipilä nach der Wahl von Halla-aho. Dessen Werte stünden in starkem Kontrast zu denen der Zentrumspartei. Weder die Einwanderungspolitik noch irgendein anderer Punkt im Regierungsprogramm seien verhandelbar. Auch Finanzminister Orpo sagte, er müsse "ernsthaft darüber nachdenken" ob er mit einer Partei unter Halla-aho in der Regierung bleiben wolle. Schließlich gehe es um wichtige, gemeinsame Prinzipien wie dem eines offenen, internationalen Finnlands.

Halla-aho, ein promovierter Slawist, hat viele Anhänger durch seinen Blog "Scripta" gewonnen. Darin wettert er vor allem gegen Zuwanderer, den Islam und die multikulturelle Gesellschaft. Als er 2011 in einem Facebook-Eintrag schrieb, Griechenland brauche eine Militärjunta, die mit Panzern gegen Streikende vorgehen müsse, suspendierte ihn die eigene Partei für zwei Wochen. 2012 verurteilte ihn der Oberste Gerichtshof wegen rassistischer Aufwiegelung zu einer Geldstrafe. Erst kürzlich forderte er, Hilfsorganisationen zu bestrafen, die bei der Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer helfen. Er ist Mitglied im Verband "Suomen Sisu", der sich als nationalistisch und patriotisch beschreibt. Als er im Februar seine Kandidatur ankündigte, sagte er, der Patriotismus sei der Kleber, der die Anhänger der Finnen-Partei zusammenhalte. Die Partei müsse sich "aggressiver" auf die Unterschiede zu anderen Parteien konzentrieren, sagte er nach der Wahl am Wochenende. In der Regierung bleiben müsse sie nicht unbedingt.

Diesen Montag sprechen die Chefs der Regierungsparteien über die Zukunft der Koalition

Als die Rechtspopulisten 2015 knapp 18 Prozent der Wählerstimmen gewannen und Timo Soini Außenminister wurde, hatten sie große Erwartungen und wurden enttäuscht. Im selben Jahr kamen so viele Flüchtlinge nach Finnland wie im ganzen Jahrzehnt zuvor, die Regierung sparte weiter bei den Sozialausgaben und genehmigte das dritte Hilfspaket für Griechenland, obwohl Soini das Gegenteil versprochen hatte. Sein Erfolg basierte auf der Konsensfähigkeit der Partei - die nun mit Halla-aho die eigene alte Elite und zugleich die Mehrheit der Finnen verstimmt.

Am diesem Montag wollen sich die Chefs der Regierungsparteien treffen und über die Zukunft ihrer Koalition sprechen. Timo Soini will Außenminister bleiben, Jussi Halla-aho hat jedoch angekündigt, dass er dies als Parteichef nicht erlauben werde. Einen eigenen Ministerposten strebe er allerdings nicht an, so Halla-aho. Das zumindest könnte die Zusammenarbeit in Helsinki erleichtern.

© SZ vom 12.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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