Finnland:Regierungskoalition geplatzt

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Sucht ein neues Bündnis: Finnlands Premier Juha Sipilä. (Foto: Olivier Matthys/AP)

Finnlands Premier lehnt die Zusammenarbeit mit dem neuen Chef der Rechtspopulisten ab - und gefährdet sein wichtigstes Projekt.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Die finnische Regierungskoalition zerbricht an einer provokanten Personalie. Premierminister Juha Sipilä möchte nicht länger mit der rechtspopulistischen Partei "Die Finnen" zusammenarbeiten, nachdem diese am Wochenende Jussi Halla-aho zu ihrem Vorsitzenden gewählt haben. Der 46-Jährige gehört zum rechten Flügel der Partei und wirbt für eine striktere Einwanderungspolitik. Am Montag haben sich Juha Sipilä und Finanzminister Petteri Orpo mit ihm getroffen. Sie stehen den zwei konservativen Parteien vor, die bisher mit den Rechtspopulisten koalieren. Mit Jussi Halla-aho gebe es dafür keine Grundlage mehr, so die beiden Politiker.

Der Premierminister möchte nun Präsident Sauli Niinistö darum bitten, die Regierung aufzulösen, damit er eine neue Koalition bilden kann.

Dafür ist Juha Sipilä auf der Suche nach Partnern. Noch am Montag sprach er mit den Vorsitzenden mehrere kleiner Oppositionsparteien. Die Verhandlungen dürften für ihn nicht einfach werden. Sipilä hat ein umfassendes Reformprojekt für Finnlands Gesundheits- und Sozialsystem auf den Weg gebracht und dabei viele Jobs im öffentlichen Dienst sowie Leistungen für Arbeitnehmer gestrichen. Das macht die Sozialdemokraten, die größte Oppositionspartei, zu unwahrscheinlichen Partnern. Durch den Bruch mit den Rechtspopulisten setzt Sipilä womöglich das wichtigste Projekt seiner Regierung aufs Spiel.

Die Finnen-Partei hatte ihm kaum eine Wahl gelassen. Den Parteimitgliedern muss klar gewesen sein, dass sie mit ihrer Stimme für Jussi Halla-aho die Regierungsbeteiligung riskieren. Der 46-Jährige ist häufiger durch Islam- und ausländerfeindliche Äußerungen aufgefallen. 2012 ist er zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil den Propheten Mohammed als pädophil und Somalier als Last für die Sozialkassen dargestellt hatte. Die Wahl am Wochenende gewann er mit großem Abstand. Danach erklärte Jussi Hallo-aho, er werde seine alten Texte nicht kommentieren, aber seine Ideen nicht verleugnen.

"Wir mussten unsere Werte-Grundlage bereits extrem strecken", sagte Juha Sipilä über die Zusammenarbeit mit der Finnen-Partei. Nun seien diese Differenzen sogar noch größer. Sipilä war 2015 die Koalition mit Timo Soini eingegangen, dem bisherigen Chef der Finnen-Partei und derzeitigem Außenminister. Halla-aho gilt innerhalb der Partei als Gegenpol zu dem gemäßigteren Soini. Wie Halla-aho über Zuwanderung spreche, sei "schwierig zu akzeptieren oder auch nur zu verstehen", so Finanzminister Petteri Orpo. Als wahrscheinlichste Partner für eine neue Koalition gelten nun die Schwedische Volkspartei und die Christdemokraten. Juha Sipilä bräuchte beide Parteien, um auf eine Mehrheit im Parlament zu kommen.

© SZ vom 13.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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