Fifa-Skandal:Blatter kandidiert trotzig

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Der Fifa-Präsident ignoriert die Appelle des Uefa-Chefs Platini, er solle zurücktreten. Europäische Verbände drohen mit WM-Boykott.

Von J. Aumüller, T. Kistner, Zürich

Joseph Blatter will sich an diesem Freitag zum fünften Mal zum Präsidenten der Fifa wählen lassen - trotz des aktuellen Korruptionsskandals rund um den Fußball-Weltverband und vieler Rücktrittforderungen. Sein einziger Gegenkandidat ist der jordanische Prinz Ali bin al-Hussein. Allerdings droht für den Fall von Blatters Wiederwahl dem Weltfußball die Spaltung. Sein Gegenspieler Michel Platini, Chef von Europas Fußball-Union (Uefa), erklärte, dass im Fall von Blatters Wahl ein Rückzug der europäischen Teilnehmer aus allen Fifa-Wettbewerben möglich sei - damit also auch von der Weltmeisterschaft.

Bis zum Beginn dieser Woche hatte Blatters Wahl als absolut sicher gegolten. Dann jedoch erschütterten die Verhaftungen von sieben Fifa-Funktionären aus Mittel- und Südamerika den Weltverband. US-amerikanische Behörden werfen ihnen Korruption und Geldwäsche vor. Darüber hinaus ermittelt die Schweizer Bundesanwaltschaft wegen "Unregelmäßigkeiten" bei der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar.

Die Uefa hatte zunächst eine Verlegung der Wahl gefordert und mit einem Boykott des Fifa-Kongresses gedroht. Am Donnerstagmorgen unternahm Platini einen letzten Versuch, Blatter zum Rücktritt zu bewegen. "Sepp, lass es sein", habe er gesagt. Blatters Antwort sei gewesen: "Es ist zu spät." Nun nehmen die Europäer doch geschlossen an der Wahl teil. Blatter wies am Abend beim Fifa-Kongress in Zürich die Verantwortung für den Skandal größtenteils von sich. "Wir können nicht jeden überwachen. Wenn jemand etwas falsch machen will, kann er dabei unentdeckt bleiben", sagte Blatter. Die Änderung der Uefa-Strategie erfolgte offenkundig, weil Blatters Gegenkandidat Prinz Ali glaubhaft machen konnte, dass angesichts des Skandals die Chancen auf einen Wechsel nicht schlecht stünden. Der Jordanier wird von der Uefa-Spitze unterstützt. Er rechnet damit, von außereuropäischen Verbänden 60 Voten zu erhalten. Trifft dies zu, hätten es die Europäer, die über 53 Stimmen verfügen, selbst in der Hand, für eine einfache Mehrheit unter den 209 Mitgliedsverbänden der Fifa zu sorgen. Allerdings sind sich die Europäer nicht einig. Einige Länder wie zum Beispiel Russland unterstützen Blatter.

In den Konflikt in der Fifa mischt sich dabei auch zunehmend die Politik ein. Der russische Staatspräsident Wladimir Putin sagte zu den Ermittlungen, diese seien "ein ganz klarer Versuch, die Wiederwahl von Joseph Blatter als Fifa-Präsident zu verhindern" - und der Versuch, Russland die WM 2018 wegzunehmen. Putin und Blatter pflegen ein Vertrauensverhältnis. Dagegen forderten westliche Politiker den Rückzug des Schweizers. Der britische Premier David Cameron teilte mit, er teile die Forderungen nach einer Reform des Verbandes, "inklusive eines Führungswechsels". Auch Frankreichs Präsident François Hollande sprach sich gegen Blatter aus.

Der Schweizer Sportminister Ueli Maurer hingegen stellte sich vor Blatter. Fifa-Sponsoren wie Visa und Hyundai drohten mit Rückzug, falls der Verband seine Angelegenheiten nicht regele.

© SZ vom 29.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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