Fachkräftemangel:"Mahnung zum Handeln"

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Firmen suchen dringend Arbeitskräfte, doch es bleibt schwierig, offene Jobs mit Frauen oder älteren Bürgern zu besetzen. Das macht Arbeitsministerin Nahles Sorgen. Doch ein Einwanderungsgesetz steht nicht auf der Agenda.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Die Bundesregierung lehnt es trotz des enormen Mangels an Fachkräften weiterhin ab, über ein Einwanderungsgesetz nachzudenken. Das sei "nicht Gegenstand des Regierungshandelns", sagte eine Sprecherin von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) am Mittwoch in Berlin. Es bleibe das Ziel der Bundesregierung, zuerst Arbeitskräfte im Inland zu finden. Ein Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland könne nur "parallel laufen".

Zuvor hatte Nahles einen Bericht ihres Ministeriums im Bundeskabinett verabschieden lassen, in dem zusammengefasst ist, wie erfolgreich die bisherigen Maßnahmen sind, mit denen Fachkräfte gewonnen werden sollen. Man sei "gut vorangekommen", sagte Nahles. "Aber die Herausforderung bleibt riesengroß."

Dem Bericht zufolge suchen Unternehmer dringend Arbeitskräfte, andererseits ist es nach wie vor sehr schwierig, offene Jobs mit Frauen, älteren Bürgern und Flüchtlingen zu besetzen. Um dies zu verbessern, sei es nötig, mehr Möglichkeiten zu schaffen, von Teilzeit- in Vollzeitbeschäftigung zu wechseln. Zudem müssten die Angebote für Bildung und Weiterbildung erweitert werden, um Kompetenzen und Qualifikationen der Erwerbstätigen kontinuierlich dem Wandel in der Nachfrage anzupassen. Sie müssten unterstützt werden, sich auf die sich ändernden Anforderungen einzustellen. Nahles sagte, der Fortschrittsbericht sei "eine Mahnung zum Handeln". Sie forderte Unternehmer, Bildungsinstitute und zuständige Politiker auf, enger zusammenzuarbeiten, um den Fachkräftemangel zu beheben. Dabei müssten alle, unabhängig vom Einkommen, die gleichen Chancen haben.

Leicht dürfte es allerdings nicht werden, die fehlenden Fachkräfte kurzfristig in Deutschland zu finden. Laut einer in der Studie aufgeführten Liste suchen die Unternehmen vor allem in den Bereichen Metallbau, Schiffsbau, Fahrzeugbau nach Arbeitskräften. Begehrt sind auch Energietechniker, Bauleute, Mediziner, Pfleger und Zahntechniker. Diese Berufe erfordern eine längere Ausbildung.

Ebenfalls am Mittwoch hatten Wissenschaftler des Forschungsinstituts Prognos dem deutschen Arbeitsmarkt eine düstere Zukunft prophezeit, jedenfalls mit Blick auf die benötigten Fachkräfte. Die einen seien zu alt für einen Job, den anderen fehle das Fachwissen, kritisierten die Experten. Bis 2040 könnten in Deutschland 3,3 Millionen qualifizierte Arbeitnehmer fehlen. Steuere die deutsche Wirtschaft nicht entschlossen um, drohe langfristig eine große Fachkräftelücke. Hauptgrund für den drohenden Mangel sei die zunehmende Überalterung der deutschen Gesellschaft, so die Forscher. Die Zahl der Menschen im arbeitsfähigen Alter werde um gut zehn Prozent bis zum Jahr 2040 sinken. Zudem würden wegen des internationalen Wettbewerbs, veränderten Konsumverhaltens und der Digitalisierung in fast allen Wirtschaftsbereichen einige Berufe an Bedeutung verlieren, etwa Lkw-Fahrer und Packer. Umgekehrt werde es an Menschen mit dem dringend gefragten Fachwissen fehlen.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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