Europäische Union:Gegen das Einfrieren

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Steinmeier warnt vor einem Aussetzen der EU-Türkei-Beitrittsverhandlungen - dies sei keine verantwortungsvolle Außenpolitik.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier tritt Bestrebungen entgegen, die Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei auszusetzen. Er halte das nicht "für verantwortungsvolle Außenpolitik", warnte Steinmeier am Montag in Brüssel. Insbesondere Österreich will ein für Dienstag geplantes Bekenntnis zur Fortführung der Verhandlungen verhindern. "Die Türkei hat sich in den letzten Jahren immer weiter weg von Europa entwickelt und in den letzten Monaten hat sich die Entwicklung sogar noch ein mal beschleunigt", sagte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz beim Treffen mit seinen EU-Kollegen. "Über 100 000 sind eingesperrt worden, Andersdenkende werden eingeschüchtert und auch die Todesstrafe soll wieder eingeführt werden. Darauf muss Europa reagieren." Nötig sei "zumindest ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen", sagte Kurz. Dies hatte auch das Europäische Parlament in einer Resolution gefordert.

Steinmeier warf den Befürwortern eines Einfrierens der seit 2005 laufenden Verhandlungen vor, die Folgen nicht zu bedenken. Er habe in der Türkei mit Vertretern der Opposition gesprochen. Diese seien gegen ein Ende der Beitrittsverhandlungen. Der Schritt könne außerdem die Verhandlungen über die Wiedervereinigung Zyperns gefährden, warnte er. Die Wiedereinführung der Todesstrafe markiere allerdings die "rote Linie" und werde zum Abbruch der Beitrittsgespräche führen.

Österreich will beim Treffen der Europaminister an diesem Dienstag ein Signal für die Fortführung der Verhandlungen blockieren. Die Minister beraten den jährlichen Fortschrittsbericht der EU-Kommission zu allen Beitrittskandidaten der Union und sollten in diesem Zusammenhang die Fortführung der Verhandlungen bekräftigen. Das könnte Österreich verhindern, was allerdings noch kein Einfrieren der Verhandlungen bedeuten würde. Hierzu wäre eine qualifizierte Mehrheit unter den Mitgliedstaaten erforderlich. Dies wären mindestens 16 Mitgliedstaaten, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Es stehe "offensichtlich keine einfache Diskussion über die Türkei" bevor, sagte der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák, dessen Land noch bis Jahresende den EU-Vorsitz hat. Auch Lajčák sprach sich dagegen aus, die Verhandlungen zu stoppen. Er glaube, "wir müssen den Dialog mit der Türkei fortsetzen".

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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