Europa:EU-Parlament verlangt 30 Prozent mehr Beiträge

Lesezeit: 2 min

Vor der Abstimmung über den künftigen Finanzrahmen weisen mehrere Parteien auf die gestiegenen Anforderungen hin: etwa beim Grenzschutz.

Von Daniel Brössler, Straßburg

Im Kampf um die künftigen Finanzen der Europäischen Union fordert das Europäische Parlament um 30 Prozent höhere Beiträge der Mitgliedstaaten. In den Verhandlungen über den Finanzrahmen der EU für die Zeit ab 2021 verlangen die Parlamentarier eine Anhebung der Obergrenze für Ausgaben von einem Prozent auf dann 1,3 Prozent der Wirtschaftskraft der EU. Man sei überzeugt, "dass ein stärkeres und ehrgeizigeres Europa nur im Wege einer Erhöhung der finanziellen Mittel erreicht werden kann", heißt es im Bericht, über den das Parlament an diesem Mittwoch abstimmt. Unterstützt wird er von einer Mehrheit aus Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen.

Das Parlament müsse sich der Position etlicher Mitgliedstaaten entgegenstellen, die auch nach dem Wegfall der Beiträge Großbritanniens keine höheren Zahlungen in den EU-Haushalt leisten wollten, forderte der Chef der SPD-Gruppe und Vizevorsitzende des Haushaltsausschusses, Jens Geier. Deren Einstellung sei: "Die EU soll mehr leisten, aber nicht mit unserem Geld." Dies sei eine Argumentation, die nur für das heimische Publikum tauge.

Die Abgeordneten verweisen auf die gestiegenen Anforderungen an die Europäische Union beispielsweise beim Grenzschutz, für die Verteidigung oder in der Forschung. Der Vorschlag des Parlaments werde für Kontroversen sorgen, sagte der zuständige Berichterstatter Jan Olbrycht von der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP). Höhere Einnahmen seien aber notwendig, um neue Aufgaben zu übernehmen. "Wenn das EU-Parlament nicht ambitioniert ist, wer ist es dann?", fragte die grüne Haushaltspolitikerin Helga Trüpel. Es handele sich aber um eine Ausgangsforderung ähnlich der bei Tarifverhandlungen, räumte der SPD-Abgeordnete Geier ein.

Bei ihrem Vorschlag gehen die Parlamentarier von gleichbleibend hohen Aufwendungen für traditionelle Bereiche wie Landwirtschaft und Strukturfonds aus. Die EU-Kommission hat sich hier bereits für eine moderate Senkung ausgesprochen. Es sei nicht Aufgabe des Parlaments, die deshalb zu erwartenden Verteilungskämpfe der Mitgliedstaaten vorwegzunehmen, sagte Geier.

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger lobte den Vorstoß. Die Anhebung der Obergrenze auf 1,3 Prozent der Wirtschaftskraft sei "ehrgeizig, aber sehr sachorientiert und gut begründbar". Die EU-Kommission will Anfang Mai ihren Vorschlag für den künftigen Finanzrahmen vorlegen und hofft auf eine Einigung vor der Europawahl im Frühjahr 2019. Andernfalls werde zu viel Zeit verloren, bis eine neue Kommission ihre Arbeit aufgenommen hat. Oettinger sprach sich erneut gegen einen "Kahlschlag" bei den traditionellen Aufgaben wie der Landwirtschaft und der Unterstützung schwächerer Regionen aus. "Wir haben traditionelle Aufgaben, aber das heißt nicht, dass sie ins Haus der Geschichte gehören", sagte er.

Ein Streitpunkt bleibt die von einigen Mitgliedstaaten geforderte Konditionierung von EU-Zahlungen. So ist im Gespräch, auf Defizite bei der Rechtsstaatlichkeit - wie derzeit in Polen - mit der Kürzung von Mitteln zu reagieren. "Das kann dazu führen, dass wir die Bürger bestrafen und nicht die Politiker, die den Rechtsstaat gefährden", warnte der rumänische EVP-Abgeordnete Siegfried Mureșan.

Starkmachen will sich das Parlament auch für mehr direkte Einnahmen der EU. Dabei handelt es sich um Mittel, die der Union ohne den Umweg der nationalen Haushalte zugute kommen. So fließen die Zolleinnahmen direkt der EU zu und machen etwa zwölf Prozent des Haushaltes aus. Nach einem komplizierten Schlüssel fließen auch Teile der Mehrwertsteuer der Europäischen Union zu. Derzeit stammen etwa 70 Prozent der EU-Mittel aus den nationalen Haushalten.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: