Europa:Ende der Bescheidenheit

Brüssel und die EU galten bisher vor allem als Ärgernis. Nun endlich lösen sich die Europa-Freunde aus der Schockstarre.

Von Stefan Ulrich

Der Puls Europas war zuletzt nur noch ein mattes Pochen. Euro- Krise, Flüchtlingsstreit, Brexit und das Anschwellen nationalistischer Bewegungen ließen die EU verzagen. Während die Europa-Feinde im Netz und auf den Straßen für die angeblich gute alte Zeit der Grenzen, Mauern und Schützengräben trommelten, schauten die Proeuropäer verstört zu. Dann traten sie den Rückzug an: Jetzt sei nicht die Stunde für ehrgeizige Pläne. Im Gegenteil, die EU müsse hier und dort zurückstecken. Und natürlich bleibe der Nationalstaat noch lange das Maß aller Dinge.

Diese anbiedernde Bescheidenheit ist schädlich. Sie entmutigt die Menschen, die in einem offenen Europa friedlich zusammenleben wollen, und sie ermutigt jene, die Europa zerstören und durch das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gescheiterte System konkurrierender Nationalstaaten ersetzen wollen.

Immerhin: Allmählich lösen sich die Europa-Freunde aus der Schockstarre. Politiker wie der Franzose Emmanuel Macron fordern mehr Europa und haben damit Erfolg. Vor allem aber setzen sich die europafreundlichen Bürger nun in Marsch. Bewegungen wie "Pulse of Europe" demonstrieren in vielen Städten und machen sich gegenseitig Mut. Von Woche zu Woche werden es mehr. So können sie die Dynamik gegen Europa drehen, die in den vergangenen Jahren herrschte. Europas Pulsschlag gewinnt wieder an Kraft.

© SZ vom 20.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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