Europa:Die EU-Spitze ringt um Martin Schulz

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Soll er gehen oder bleiben? EU-Präsident Martin Schulz (SPD). (Foto: Patrick Herzog/AFP)

Die Konservativen sind uneins über die Zukunft des sozialdemokratischen Parlamentschefs. 2017 müsste er eigentlich sein Amt abgeben.

Die Konservativen im Europäischen Parlament pochen weiterhin darauf, dass dessen sozialdemokratischer Präsident Martin Schulz 2017 von einem ihrer Parteifreunde abgelöst wird. Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, widersprach in einem Bild am Sonntag-Interview dem ebenfalls konservativen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, der für einen Verbleib des SPD-Politikers Schulz geworben hatte. "Ich schätze den Rat von Jean-Claude Juncker, allerdings wählt das Europäische Parlament seinen Präsidenten und den Kommissionspräsidenten und nicht umgekehrt", sagte der CSU-Abgeordnete. "Wir haben eine feste Vereinbarung mit den Sozialdemokraten", sagte Weber.

Nach ursprünglichen Absprachen beider Lager müsste Schulz seinen Posten im Januar 2017 turnusgemäß an einen Kandidaten der EVP abgeben, die die größte Fraktion im EU-Parlament stellt. Im Falle einer Neubesetzung des Postens wäre neben dem EU-Kommissions- und dem EU-Ratspräsidenten auch der Parlamentspräsident ein Konservativer. Etliche Sozialdemokraten wollen dies aber verhindern. Obwohl Kommissionspräsident Juncker selbst den Konservativen, also der EVP angehört, macht er sich nun für den Sozialdemokraten Schulz stark. In einem Interview mit dem Spiegel plädierte Juncker am Freitag dafür, die europäischen Institutionen sollten in den nächsten zweieinhalb Jahren so weitergeführt werden wie bisher. Europa stünden schwierige Zeiten bevor, sagte er. "Wir brauchen Stabilität." Daher solle Schulz im Amt bleiben. Das Plädoyer des EU-Kommissionspräsidenten bezog sich auch auf Ratspräsident Donald Tusk und die Fraktionschefs Manfred Weber (EVP) und Gianni Pittella (Sozialdemokraten). "Ich sehe nicht ein, warum man mit einem bewährten Team nicht weitermachen sollte", sagte Juncker.

Die Amtszeit von Donald Tusk als EU-Ratspräsident dauert bis Mai kommenden Jahres. Der Pole stammt zwar aus der EVP-Familie, hat aber ein gespanntes Verhältnis zur nationalkonservativen Regierung in seinem Heimatland. Die Staats- und Regierungschefs der EU wählen den Ratspräsidenten, der einmal für zweieinhalb Jahre wiedergewählt werden kann, mit qualifizierter Mehrheit.

Mit Schulz arbeitet Juncker - dessen Amtszeit bis Oktober 2019 dauert - seit den Europawahlen 2014 eng zusammen. Beide versuchen, die Macht von EU-Kommission und EU-Parlament gegenüber den EU-Staaten zu stärken.

Führende deutsche Unionspolitiker hatten sich in der vergangenen Woche gegen einen Amtsverbleib von Parlamentspräsident Schulz ausgesprochen. CDU-Vizechefin Julia Klöckner wies Überlegungen zurück, von der Vereinbarung von Sozialdemokraten und Konservativen zu einem Wechsel im EU-Parlamentspräsidentenamt im kommenden Jahr abzurücken und verwies auf die entsprechende "Absprache". CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, in der zweiten Hälfte der Wahlperiode müsse "ein Vertreter der EVP an der Spitze des Europarlaments stehen". CDU und CSU sind im EU-Parlament Teil der EVP. Ihre EU-Abgeordneten haben anders als Juncker ein direktes Mitspracherecht bei der Nachfolge von Schulz.

Schulz wird in der SPD auch für eine herausgehobene Rolle in der deutschen Innenpolitik bis hin zum Kanzlerkandidaten gehandelt.

© SZ vom 11.07.2016 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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