Europa:Allianz mit der Nato

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Die EU und das Militärbündnis billigen mehr als 40 gemeinsame Projekte. Vor allem im Kampf gegen Cyber-Attacken wollen sie ihre Kräfte bündeln.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Die Nato und die Europäische Union wollen ihrem Bekenntnis zu engerer Zusammenarbeit Taten folgen lassen. Bei einem Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini billigten die Außenminister der 28 Nato-Staaten am Dienstag einen Katalog mit mehr als 40 gemeinsamen Vorhaben in sieben Bereichen. In einer Erklärung gelobten Nato und EU eine "strategische Partnerschaft" der Allianz und des Staatenbundes. Dabei beschworen sie einen "Geist gegenseitiger Offenheit und Transparenz", betonten aber auch den "Respekt vor der Entscheidungsautonomie" beider Organisationen.

Nato und EU hatten sich bereits im Juli am Rande des Nato-Gipfels in Warschau auf eine neue Ära der Kooperation verständigt. Der in den vergangenen Monaten ausgehandelte Maßnahmenkatalog soll das nun mit Leben erfüllen. Im Vordergrund stehen dabei gemeinsame Bemühungen bei der Abwehr sogenannter hybrider Bedrohungen, in denen ein Aggressor militärische, politische, wirtschaftliche und kommunikative Druckmittel mischt. Russlands Vorgehen gegen die Ukraine gilt als Beispiel für ein solches hybrides Szenario. Nächstes Jahr soll in Finnland ein Europäisches Zentrum zur Abwehr hybrider Bedrohungen eröffnet werden, in dem Nato und EU ihre Kräfte bündeln wollen.

Es gibt zwar keine gemeinsamen Manöver, aber parallele Übungen. Das war lange undenkbar

"Angesichts nie da gewesener Herausforderungen ist unsere Zusammenarbeit wichtiger denn je", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu Beginn des Ministertreffens. Die Beschlüsse markierten einen "Meilenstein in den Beziehungen". Von einer "Gemengelage wie wir sie in dieser Form lange nicht mehr gesehen haben" sprach Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. "Mit dem Ukraine-Konflikt ist die Frage von Krieg und Frieden nach Europa zurückgekehrt", sagte er. Hinzu kämen die "Fliehkräfte in Europa", die Lage in der südlichen Nachbarschaft und die Wahlen in den USA, "die uns im Augenblick spekulieren lassen, wie die neue amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik der USA aussehen wird". Nato und EU täten in dieser Lage gut daran, die "Kräfte zu bündeln" und "immer, wenn es geht, nach Synergien zu suchen". 22 Staaten sind sowohl Mitglied der Nato als auch der EU. Engerer Kooperation stand bisher unter anderem der Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei um Zypern im Wege.

Nun wollen beide Organisationen ihren Informationsaustausch erheblich verstärken. Auch in der "strategischen Kommunikation", insbesondere gegen russische Propaganda, soll kooperiert werden. Geplant ist auch der Abgleich von Krisenreaktionsplänen. Verstärkt werden soll auch die Zusammenarbeit im Mittelmeer, wo die EU-Antischlepper-Mission Sophia von der Nato-Mission Sea Guardian logistisch unterstützt wird.

Gemeinsame Manöver sind bislang nicht geplant, wohl aber parallele und koordinierte Übungen. Schon dies wäre vor Kurzem undenkbar gewesen. Besonderen Mehrwert versprechen sich Nato und EU von der Bündelung der Kräfte im Kampf gegen Cyber-Bedrohungen. In diesem Bereich wollen beide Organisationen ihre Abwehrpläne austauschen und bei der Ausbildung zusammenarbeiten.

Thema des Ministertreffens war auch das Verhältnis zu Russland. "Wir sind gehalten, unsere eigene Verteidigungsfähigkeit zu stärken", sagte Steinmeier. Richtig sei aber auch, "dass die Besinnung auf militärische Stärke in dieser Art von Konflikten nicht ausreichen wird". Gesucht werden müsse nach Möglichkeiten, "die Eskalation, die man immer wieder befürchten muss, in Grenzen zu halten oder auch Auswege aus ihr zu finden". Steinmeier sprach sich für ein weiteres Treffen des Nato-Russland-Rates aus. Das Gremium hatte zuletzt im Sommer getagt. Zum letzten Mal nahm US-Außenminister John Kerry an dem Ministertreffen teil. In der Nato herrscht Unsicherheit über die Absichten des künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Dieser hatte im Wahlkampf höhere Verteidigungsausgaben der Europäer gefordert.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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