EU:Sanktionen verlängert

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Die Europäische Union beschließt, dass die Sanktionen gegen Russland weitere sechs Monate andauern sollen. Doch Brüssel lotet bereits aus, unter welchen Bedingungen sie künftig gelockert werden könnten.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Die 28 EU-Staaten haben die Verlängerung der Sanktionen gegen Russland um sechs Monate vorbereitet. In einer Sitzung stellten die EU-Botschafter am Dienstag ohne Aussprache Einvernehmen dazu fest. Die endgültige Entscheidung soll voraussichtlich nach dem nächste Woche stattfindenden Gipfel fallen. Frankreich machte noch einen Parlamentsvorbehalt geltend. Diplomaten in Brüssel erwarteten dadurch allerdings keine längeren Verzögerungen. Die Sanktionen waren vor zwei Jahren wegen der Rolle Russlands im Krieg im Osten der Ukraine verhängt worden. Später wurde eine mögliche Lockerung an die vollständige Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk geknüpft, die ein Ende der Gewalt im Donbass, Wahlen in der Region sowie die Wiederherstellung der ukrainischen Kontrolle über die gesamte Grenze zu Russland vorsehen.

Die EU-Staaten sind sich einig darin, dass die Bedingungen für eine Lockerung der Sanktionen nicht annähernd erfüllt sind. "Es werden Tote sogar in den letzten Tagen gemeldet. Wenn Sie sich dieses Bild anschauen, haben Sie nicht das Gefühl, dass sich grundlegend etwas verändert hat", hatte der tschechische Außenminister Lubomír Zaorálek am Montag in Luxemburg gesagt.

Agrarexporte nach Russland brechen ein, werden aber mehr als ausgeglichen

Allerdings wird eine Diskussion darüber geführt, unter welchen Bedingungen eine Lockerung der Sanktionen, die vor allem den russischen Finanzsektor treffen, möglich werden könnte. "Sanktionen sind kein Selbstzweck. Wenn es zu Fortschritten bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen kommt, können wir auch über Sanktionserleichterungen sprechen", hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vor einigen Wochen gesagt. Dadurch war der Eindruck entstanden, schon bei der anstehenden Verlängerung könnten die Sanktionen gelockert werden oder die Verlängerungsfrist auf drei Monate verkürzt werden. Diplomaten in Brüssel sahen dafür jedoch keine Anzeichen. Erwartet wird aber eine verstärkte Debatte über die Sanktionen in den nächsten Monaten. Es gehe darum, ob bei signifikanten Fortschritten nicht Sanktionslockerungen möglich sein sollten, sagte der französischen Außenminister Jean-Marc Ayrault. Die vollständige Umsetzung wäre also nicht mehr Bedingung.

In der Diskussion dürfte auch die Wirksamkeit der Sanktionen eine Rolle spielen. Die wirtschaftlichen Folgen sind nach Einschätzung im Auswärtigen Dienst der EU schwer zu kalkulieren. Die negativen Wirtschaftsdaten müssten in Verbindung mit anderen Faktoren gesehen werden, vor allem den beständig niedrigen Ölpreisen, wird in einer Übersicht zu den Sanktionsfolgen gewarnt. Verwiesen wird auf den Rückgang der Wirtschaftsleistung um 3,7 Prozent im Jahr 2015 und andere negative Entwicklungen wie den Einbruch bei den Investitionen, den Anstieg des Haushaltsdefizits sowie die anhaltende Kapitalflucht. Wegen des von Russland als Gegenmaßnahme verhängten Importstopps auf Obst und Gemüse aus der EU sind die Agrarexporte nach Russland 2015 im Vergleich zum Vorjahr zwar um 39 Prozent eingebrochen. Dies konnte aber durch Exporte in andere Länder mehr als ausgeglichen werden. Insgesamt stieg der Agrarexport um sechs Prozent. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuletzt Bereitschaft zur Aufhebung der Sanktionen gegen die EU angedeutet.

© SZ vom 22.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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