EU:Frische Ideen für die Euro-Zone

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Beim Treffen der EU-Finanzminister in Tallinn gibt es eine Reihe von Vorschlägen für die Umgestaltung der Währungsunion. Vor allem Frankreichs Präsident Macron erhöht den Reformdruck.

Von Alexander Mühlauer, Tallinn

So viel Aufbruch war selten. Von der "einzigartigen Gelegenheit, voranzuschreiten" spricht Bruno Le Maire an diesem Freitag in Tallinn. Er ist mit seiner Meinung nicht allein. Der französische Finanzminister ist zum Treffen mit seinen EU-Kollegen in die estnische Hauptstadt gekommen, um über die Zukunft der Währungsunion zu sprechen. Nach turbulenten Jahren ist dafür endlich Zeit. Le Maire will das politische Momentum nutzen: "Wir haben einen neuen französischen Präsidenten und wir werden neue Mehrheiten in Deutschland haben." Mit frischen Regierungen in den beiden wichtigsten Euro-Staaten biete sich die Möglichkeit, Impulse zu geben, sagt Le Maire. Die Frage ist nur: in welche Richtung?

Nachdem sich die Vorstellungen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in dieser Woche in die plakative Formel "Euro für alle" packen ließen, gibt es so viele Ideen wie schon lange nicht mehr. Es ist vor allem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der den Reformdruck erhöht. Er will nicht weniger als eine "Neugründung Europas". Ende des Monats will er eine Grundsatzrede zur Zukunft der EU halten. Doch besonders seine Ideen für die Währungsunion stoßen in Berlin auf Widerstand. Macron will einen Euro-Finanzminister sowie ein Budget und am besten auch noch ein Parlament für den gemeinsamen Währungsraum. Am Ende wird es freilich darauf ankommen, auf welchen Kompromiss sich Paris und Berlin einigen können.

Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble gibt sich bislang zurückhaltend. In der Außenpolitik gebe es mit dem Posten der Hohen Vertreterin bereits einen "Doppelhut" in der EU, sagt der CDU-Politiker und fragt: "Was hat der europäische Finanzminister für Rechte und Befugnisse?" Darüber wird zu reden sein. Auch über den von Schäuble ins Spiel gebrachten Vorschlag, den Euro-Rettungsfonds ESM zu einem Europäischen Währungsfonds auszubauen. Genau wie beim Euro-Finanzminister ist jedoch unklar, welche Aufgaben dieser Fonds übernehmen soll. Immerhin wäre dafür keine Änderung der EU-Verträge nötig, da der ESM eine Institution ist, die zwischenstaatlich geschaffen wurde.

Geht es nach EU-Kommissionspräsident Juncker, soll der EU-Haushalt das Instrument zu der von ihm angestrebten Vertiefung von EU und Währungsunion sein. Wenn die Kommission ihren Vorschlag für die Finanzperiode nach dem Jahr 2020 vorlegt, mit der die EU einen Rahmen für die alljährlichen Haushalte setzt, wird darin wohl ein eigenes Budget für die Eurozone enthalten sein.

Einige südeuropäische Länder wollen dies als Hebel für mehr Transfers nutzen. Deutschland wiederum will dieses Instrument auf einen klaren Zweck beschränken: Geld soll es nur als Anreiz für Strukturreformen geben. Ein möglicher Kompromiss wäre ein sogenannter Schlechtwetterfonds, der wirtschaftliche Schocks in den Mitgliedsstaaten abfedern könnte. Doch die politisch brisante Frage wäre dann: Unter welchen Bedingungen dürfte so ein Fonds zur Hilfe springen?

Wenigstens in einem Punkt gibt es in Tallinn so etwas wie Übereinstimmung. "Wenn eine Ausweitung der Euro-Zone erfolgreich sein soll, müssen wir sie zunächst stärken", sagt Le Maire zum Thema "Euro für alle". Auch Schäuble meint: "Für die Mitgliedschaft in der Euro-Zone sind ökonomische Kriterien erforderlich, die man erfüllen muss." Wenn die Kriterien nicht erfüllt seien, sei eine Aufnahme nicht im Interesse der Währungsunion, da ansonsten ihre Stabilität gefährdet werden könnte. Und sogar Juncker stellt am Ende dieser Woche klar: "Ich habe nicht die Absicht, jetzt Länder in den Euro zu zwingen, wenn sie dies nicht wollen oder können."

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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