Diskussion um Hartz-IV-Sätze:Wenn die Latte tief hängt

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Linken-Chef Klaus Ernst sieht in den Vermittlungsgesprächen zu Hartz IV eine "Farce" - und fordert SPD und Grüne auf, aus der Arbeitsgruppe auszusteigen.

Vom 1. Januar an sollten Hartz-IV-Empfänger fünf Euro mehr in der Tasche haben. So wollte es Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Doch zum ersten Mal scheiterte die schwarz-gelbe Bundesregierung im Bundesrat. Nun feilschen die Unterhändler seit 20. Dezember in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe um einen Kompromiss. Mit am Tisch sitzen neben den Regierungsparteien die Erfinder von Hartz IV - die Sozialdemokraten und die Grünen.

Nicht dabei sind hingegen die Linken. Gregor Gysi äußerte sich bereits empört über diesen Ausschluss und sprach von einer "schweren Demokratieverletzung". Linken-Chef Klaus Ernst geht nun einen Schritt weiter - und fordert SPD und Grüne auf, die Arbeitsgruppe zu verlassen.

Nach Ernsts Auffassung sind die Regelsätze ab dem 1. Januar 2011 ein "verfassungswidriger Zustand". Ohne deutliche Erhöhung des Regelsatzes bleibe Hartz IV verfassungswidrig und werde unweigerlich wieder vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe landen. Bei Klagen von Betroffenen müssten die Sozialgerichte den rechtmäßigen Regelsatz ermitteln.

SPD-Chef: Einigung mit der Regierung ist möglich

SPD-Chef Sigmar Gabriel findet hingegen, dass eine schnelle Einigung mit der schwarz-gelben Regierung möglich sei. "Wir wollen nicht über die Höhe feilschen." Aber das Geld dürfe nicht "verplempert" werden. Höhere Hartz-IV-Sätze könnten nach Ansicht des SPD-Vorsitzenden auch ohne Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes pünktlich ausgezahlt werden. "Für die Bundesregierung ist völlig klar, sie kann zum 1. Januar auszahlen, die fünf Euro, gegen die gibt es gar keinen Streit", sagte Gabriel im ZDF. Niemand werde dagegen klagen. Dies könne die Regierung freiwillig tun. Dass dies nicht geschehe, gehöre etwas zur "Vernebelungstaktik" von Arbeitsministerin von der Leyen.

Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor die Bedingungen für einen Kompromiss formuliert: "Die Bundesregierung muss das Bildungspaket nachbessern, die Regelsätze endlich transparent berechnen und sich beim Mindestlohn bewegen. Dann können wir schnell zu einer Einigung kommen", sagte der SPD-Politiker.

Nach Ansicht von Klaus Ernst verabschiede sich die SPD mit ihren Forderungenvon der Vorgabe des Verfassungsgerichts nach Regelsätzen, die ein menschenwürdiges Existenzminimum sicherten. Schwarz-Gelb wolle sich in der Kernfrage der Regelsatzanhebung nicht bewegen, daher dürften SPD und Grüne nicht ihre Hand reichen, und damit ein verfassungswidrig niedriges Leistungsniveau zementieren.

Auch Dagmar Enkelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Linksfraktion, ist mit der Haltung der SPD unzufrieden: "SPD-Fraktionschef Steinmeier hängt die Latte bei den Hartz-IV-Verhandlungen so tief, dass selbst Frau von der Leyen kaum noch darunter durchlaufen kann", sagte sie.

Kanzerlin Angela Merkel ist sich da offenbar nicht so sicher und stärkte ihrer Ministerin nochmals den Rücken. "Die Bundesarbeitsministerin hat ausdrücklich die volle Prokura und Rückendeckung der Bundeskanzlerin bei diesen Verhandlungen", ließ sie ausrichten.

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