Die SPD und der Fall Clement:"Auftreten als Graf Rotz"

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Die Fronten im Streit um den Rauswurf von Wolfgang Clement verhärten sich. Während der ehemalige Bundesminister kompromisslos bleibt, beklagt Jochen Ott, Vizechef der nordrhein-westfälischen SPD, dessen "unerträgliche Arroganz". Die SPD-Basis besteht auf Clements Parteiausschluss.

Die SPD-Spitze bemüht sich um Schadensbegrenzung. Doch kaum hat Kurt Beck in einem Brief gefordert, die Partei benötige Augenmaß, ätzen die Genossen weiter.

Will sich keinen Maulkorb verpassen lassen: Wolfgang Clement. (Foto: Foto: AP)

Der stellvertretende Chef der nordrhein-westfälischen SPD, Jochen Ott, hat den Ex-Bundesminister mit Oskar Lafontaine verglichen. "Beide haben einen absolut selbstverliebten Charakter", sagte Ott der Frankfurter Rundschau.

"Es ist einfach seine unerträgliche Arroganz, sein Auftreten als Graf Rotz, die ihm nun zum Verhängnis wurde", wird der Vorsitzende der Köln-SPD zitiert. Clement solle sich selbst fragen, ob er es schaffe, der Partei in den kommenden Wahlkämpfen nicht zu schaden. "Wenn er dies nicht kann, sollte er freiwillig gehen", sagte Ott.

Bayerns Juso-Vorsitzender Thomas Asböck riet seiner Partei auf Spiegel Online, sie solle zwei weitere SPD-Konservative, Ex-Bundesinnenminister Otto Schily und Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin, "Clement getrost gleich hinterherschmeißen".

Clement selbst wiederum hatte zuvor erneut das Begehren der Ausschlussbetreiber abgelehnt, im Gegenzug für den Verzicht auf einen Rauswurf künftig keine Wahlempfehlungen gegen die SPD mehr abzugeben. "Was sie verlangen, ist ein Maulkorb für jeden Fall, selbst für den Fall, dass irgendeine SPD-Führung mit der Linkspartei/PDS zusammengeht. Das mache ich auf keinen Fall mit", sagte er dem ZDF.

SPD-Basis besteht auf Rauswurf Clements

Der SPD-Ortsverein, der das Parteiausschlussverfahren gegen Wolfgang Clement angestoßen hat, besteht indes auf dem Hinauswurf des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers. "Hier geht es um die Sache", sagte der Geschäftsführer des Ortsvereins Bochum-Hamme, Martin Rockel, am Dienstag im RBB.

Ein prominenter SPD-Politiker dürfe in der Öffentlichkeit im Wahlkampf nicht zur Nichtwahl der eigenen Partei aufrufen. "Das konnte man Wolfgang Clement nicht durchgehen lassen", sagte Rockel. Da Clement auf das Kompromissangebot der SPD-Ortsvereine nicht eingegangen sei, "wüsste ich nicht, wie wir ihm helfen könnten". Er glaube nicht, dass die Bundesschiedskommission den Ausschluss rückgängig machen werde, sagte Rockel.

Die Ortsvereine hatten vor einigen Tagen vorgeschlagen, Clement solle nicht ausgeschlossen werden, wenn er für die Zukunft auf Aufrufe zur Nichtwahl der SPD verzichte. Clements Kompromisslosigkeit erzürnt nun die Genossen von der Basis.

Im hessischen Wahlkampf hatte Wolfgang Clement wegen der SPD-Atompolitik indirekt davor gewarnt, seine Partei zu wählen. Die nordrhein-westfälische Landesschiedskommission beschloss deshalb auf Antrag mehrerer Ortsvereine seinen Parteiausschluss.

Die Parteispitze aber gab sich am Montag vermittlungsbereit: Nach einem Bericht der Rheinischen Post soll SPD-Vize Frank-Walter Steinmeier ein vermittelndes Gespräch mit Clement führen.

Die Entscheidung über das Verfahren kann aber nur die Bundesschiedskommission treffen, wie Generalsekretär Hubertus Heil sagte. Er soll in der Kommission im Autrag des Parteivorstands "das Gesamtinteresse der SPD" wahren. Clement hat sechs Wochen Zeit, seinen Widerspruch gegen die Ausschluss-Entscheidung der nordrhein-westfälischen Landesschiedskommission zu begründen.

Bei einer Diskussionsveranstaltung mit Kommunalpolitikern in Mecklenburg-Vorpommern warnte Beck am Montagabend vor den Folgen der Diskussion. Es bestehe die Gefahr, "dass irgendwann einigen nicht mehr klar ist, dass es um das Ringen um Positionen geht und nicht um innerparteiliche Streitereien, und dass es im Zweifelsfall um das Ringen mit dem politischen Gegner geht und nicht mit dem politischen Freund".

© dpa/AP/AFP/hai/buma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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