Die Geldmaschine des Barack Obama (Teil 2 von 2):Wankelmut in der Spendenspirale

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Der demokratische Präsidentschaftskandidat schwankt in der Frage, ob er auf staatliche Zuschüsse verzichten soll, um seinen Rivalen McCain im freien Spiel der Finanzkräfte auszustechen. Obamas Image könnte dadurch Schaden nehmen.

Roman Deininger

Barack Obama hat in den demokratischen Vorwahlen auf Zuwendungen von Lobbyisten verzichtet und auf kleine Spender gesetzt - nach dem Facebook-Prinzip baute er mit modernster Internettechnik ein Netzwerk, das sich organisatorisch und finanziell als unschlagbar erwies. Das altmodische Fundraising seiner Rivalin Hillary Clinton blieb weit hinter dem "small money" Obamas zurück. Mit 270 Millionen Dollar in der Wahlkampfkasse stellte er einen neuen Rekord auf. (Lesen Sie mehr in Teil 1)

Unentschlossener Reformer: Barack Obama hat noch nicht entschieden, ob er öffentliche Wahlkampfzuschüsse annimmt. (Foto: Foto: dpa)

Die Vorteile, die Obama zum Sieg über Clinton verhalfen, hat er nun auch im Hauptwahl-Duell mit John McCain. Waren die Republikaner unter ihrem Mastermind Karl Rove bei den Bush-Triumphen von 2000 und 2004 vielbewunderte Mobilisierungskünstler, scheinen sie in Sachen Web-Wahlkampf den Zug der Zeit verpasst zu haben. Im Spendenwettstreit distanziert Obama McCain deutlich: Im Monatsschnitt nimmt er rund zehn Millionen Dollar mehr ein. Leichtes Spiel also für den Demokraten? Der erste Eindruck täuscht.

Obama hatte angekündigt, im Gegensatz zu den Vorwahlen in der Hauptwahl staatliche Zuschüsse zu akzeptieren. Noch nie hat ein Kandidat auf diese Gelder verzichtet. Wer sich aber aus dem Bundeshaushalt subventionieren lässt, muss eine Deckelung seiner Wahlkampfausgaben bei 84 Millionen Dollar hinnehmen. Obama wollte das im Namen der finanziellen Vernunft tun. Nun ist er allerdings ins Grübeln geraten und von seiner vollmundig verkündeten Position schon etwas abgerückt. Die Versuchung, McCain im freien Spiel der Finanzkräfte auszustechen, ist offenbar ziemlich groß.

Hochrangige Berater, heißt es indes, warnen ihren Boss vor einem Imageschaden. Zumal die Demokraten noch an einer anderen Stelle schwach geworden sind: Mittel für die Finanzierung des aufwendigen Parteitags im August in Denver nimmt man - ausnahmsweise - auch von Lobbyisten entgegen.

Wie McCain hatte sich Obama in seiner Senatsarbeit dem Überleben der öffentlichen Wahlkampffinanzierung verschrieben; nun tragen beide dazu bei, dass sie mit dieser Wahl zu Grabe getragen wird. Denn wie Obama zeigt sich auch McCain wankelmütig: Als seine Kampagne im Sommer vergangenen Jahres darniederlag, rettete er sie mit staatlichen Geldern vor dem Bankrott. Als sie nach den ersten Siegen endlich in Schwung kam, stieg er wieder aus dem System aus. In der Hauptwahl wird McCain die öffentlichen Zuschüsse wohl annehmen, was aber kein besonderes Lob verdient, da er damit voraussichtlich besser fährt also ohne.

Unabhängig davon wird der monetäre Vorsprung Obamas letzlich nicht so gewaltig sein, wie viele Beobachter im Moment glauben. Denn in den Bestimmungen zur Wahlkampffinanzierung klaffen zwei riesige Schlupflöcher, die McCain mutmaßlich mehr nutzen als seinem Konkurrenten. Zunächst ist da die Unterstützung der Kandidaten durch ihre Parteien. Die Parteiorganisationen dürfen laut Gesetz Einzelspenden von bis zu 28.500 Dollar empfangen - und dann frei in die Kampagnen ihrer Nominierten investieren. Die Republikaner verzeichnen hier wesentlich üppigere Einnahmen als die Demokraten.

Die Schmutzarbeit der "527-Gruppen"

Und dann gibt es noch die "527-Gruppen" (benannt nach dem entsprechenden Steuergesetzparagraphen) oder political action committees. Sie dürfen sachbezogene Wahlwerbung machen, sie dürfen nur nicht explizit zur Wahl eines bestimmten Kandidaten aufrufen. Die 527-Gruppen bewegen sich also in einer Grauzone und erledigen deshalb oft - gefragt oder ungefragt - die Schmutzarbeit, zu der sich die offiziellen Kampagnen nicht herablassen wollen.

Die Republikaner zeigen dabei erfahrungsgemäß mehr Raffinesse und Skrupellosigkeit. Die "Swift Boat Veterans for Truth" etwa schossen 2004 John Kerrys Reputation als Kriegsheld mit verleumderischen Werbespots kaputt. Sowohl Obama als auch McCain haben sich von 527-Gruppen distanziert. Verbieten können sie ihre Aktivitäten nicht.

Egal welches Ergebnis die Wahl am 4. November bringt: Eines Tages wird man die Geschichte der Wahlkampffinanzierung in den USA in zwei Epochen teilen: die vor Obama und die nach ihm. Der Senator aus Illinois hat den kleinen Mann als Spender entdeckt. Zwar hat er mit diesem small money die wahnsinnige Kostenspirale, die ins Weiße Haus führt, nicht zum Stillstand gebracht. Er hat sie aber, immerhin, demokratisiert.

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