Deutschland:Grüne: Automatische Gesichtserkennung bringt nichts

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Katrin Göring-Eckardt kritisiert den neuen Vorstoß von Innenminister Thomas de Maizière für eine erhöhte Sicherheit im Inneren. Die SPD fordert eine bessere Ausstattung der Polizei.

Von Nico Fried, Berlin

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist mit seinem Vorstoß für die Einführung von Systemen zur Gesichtserkennung an Bahnhöfen und Flughäfen auf ein geteiltes Echo gestoßen. Der sozialdemokratische Koalitionspartner signalisierte am Sonntag grundsätzliche Zustimmung, sieht diese Maßnahme aber nicht als vorrangig an. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt äußerte sich hingegen skeptisch und warf de Maizière vor, nur Symbolpolitik zu betreiben.

"Wer glaubt, allein teure technische Systeme führten automatisch zu mehr Sicherheit, irrt", sagte Göring-Eckardt der Süddeutschen Zeitung. Auch die Gesichtserkennung schaffe keine Sicherheit, "sie vermittelt noch nicht einmal ein Gefühl von Sicherheit", so die Grünen-Politikerin. Der Minister solle "endlich seinen Job machen und für echte Sicherheit sorgen". Dazu brauche man "mehr Polizeibeamte und eine bessere Ausstattung". Die Innenexpertin der Grünen, Irene Mihalic, nannte die Gesichtserkennung datenschutzrechtlich "hochproblematisch". Sie sagte der Saarbrücker Zeitung, die Maßnahme sei ein gravierender Grundrechtseingriff. "Die Nutzung einer solchen Erkennungssoftware ist aus datenschutzrechtlichen Gründen bereits Einschränkungen unterworfen. Für den Staat gilt dies ganz besonders."

De Maizière hatte am Wochenende seine Überlegung für die Nutzung gängiger Software zur Gesichtserkennung auch für staatliche Zwecke konkretisiert. "Ich möchte eine solche Gesichtserkennungssoftware an den Videokameras an Flughäfen und Bahnhöfen einsetzen", sagte der Minister der Bild am Sonntag. "Wenn dann ein Verdächtiger auftaucht und erkannt wird, zeigt das System das an." De Maizière ging damit über die erst jüngst verabschiedete Erklärung der Unions-Innenminister von Bund und Ländern hinaus, in der sich die Gesichtserkennung nicht findet. In seinem eigenen Sicherheitskatalog, den der Minister am 11. August vorgelegt hat, plädiert de Maizière allerdings bereits, wenn auch noch unspezifisch, für den "Einsatz intelligenter Videotechnik". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte vergangene Woche bei einem Wahlkampfauftritt davon gesprochen, dass die Sicherheitsmaßnahmen dem technischen Fortschritt ständig angepasst werden müssten. "Das, was früher Videoüberwachung war, das wird in Kürze zum Beispiel auch Gesichtserkennung sein", so Merkel in Neustrelitz.

Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka hält den Vorschlag für rechtlich unproblematisch. "Ich würde mich dagegen nicht sperren", sagte er der dpa. Wichtiger sei seiner Ansicht nach aber eine flächendeckende Ausstattung der Bundespolizei mit moderner Informationstechnik. "Wenn man diese Software, die wahrscheinlich erst in einigen Jahren ausgereift sein wird, jetzt punktuell einsetzt, während viele Beamte weiterhin mit 15 Jahre alten PCs arbeiten müssen, dann ist das so, als wolle man ein Sahnehäubchen auf einem Kuchen setzen, der noch gar nicht gebacken ist", so Lischka. Die Bundespolizei brauche nicht nur "kleine Hightech-Inseln."

© SZ vom 22.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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