Deutsche Marine:Hilfe, frei nach Seerecht

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Zwei deutsche Kriegsschiffe haben binnen weniger Tage 713 Menschen aus dem Mittelmeer zwischen Libyen und Italien gefischt und nach Italien gebracht. Die führerlosen Schiffe, auf denen die Flüchtlinge unterwegs waren, haben sie versenkt.

Von Christoph Hickmann

Die deutsche Marine ist im Mittelmeer in einem Seegebiet von der Größe 1000 mal 750 Kilometer im Einsatz, um in Seenot geratene Flüchtlinge zu retten. Zwei deutsche Schiffe sind mit diesem Auftrag zwischen der libyschen und der italienischen Küste unterwegs: die Fregatte Hessen mit einer Besatzung von 255 Personen sowie der Einsatzgruppenversorger Berlin. Dessen Besatzungsstärke liegt bei 159 Personen, wobei dort derzeit 74 zusätzliche Personen in dem aus Containern bestehenden "Marine-Einsatz-Rettungszentrum", kurz Merz, eingesetzt sind.

Der Einsatzgruppenversorger kann nach Angaben der Marine "problemlos" bis zu 250 Menschen zusätzlich aufnehmen, während es bei der Fregatte etwa 100 Menschen sind. Nach Bundeswehr-Angaben können aber "der Situation entsprechend" auch mehr Menschen an Bord geholt werden. Dort kann man die Flüchtlinge etwa 48 Stunden lang versorgen, wobei sie naturgemäß eher notdürftig untergebracht werden. Die Schiffe haben aber nicht nur Wolldecken und zusätzliche Verpflegung an Bord - darüber hinaus sind etwa zusätzliche Duschen und Handwaschbecken eingerichtet worden. Zudem gibt es Fachpersonal an Bord, das normalerweise nicht zur Besatzung gehört. Neben "Hygiene-Fachpersonal" sind das laut Marine unter anderen Ärzte und Übersetzer.

Am Montagnachmittag lag die Zahl der von der deutschen Marine im Mittelmeer geretteten Menschen bei 713, von denen, so die Bundeswehr, 592 Männer, 110 Frauen und elf Kinder gewesen seien. Sie seien in die italienischen Häfen von Pozzallo und Reggio Calabria gebracht und dort "an die örtlichen Behörden übergeben" worden. Welche Häfen sie anlaufen können, bekommen die Schiffe von den italienischen Behörden mitgeteilt, wenn sie Flüchtlinge aufgenommen haben.

Die Mission, bei der es sich nicht um einen mandatierten Einsatz der Marine handelt, beruht grundsätzlich auf Artikel 98 des internationalen Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen. Demnach ist jeder Kapitän eines Schiffs verpflichtet, Menschen in Seenot oder Lebensgefahr auf See zu helfen. Zur Praxis, Schlepperboote nach der Rettung zu versenken, sagte Kapitän zur See Andreas Martin Seidl, der den Verband führt, im Bayerischen Rundfunk: "Wenn wir auf Schifffahrtshindernisse treffen, dann haben wir diese zu beseitigen." Das gelte auf allen Weltmeeren und werde von anderen Marine-Einheiten genauso gehandhabt. "Wenn ein solches Boot führungslos auf dem Meer treibt und ein anderes Schiff dagegen fährt, ist das eine massive Beeinträchtigung der Seefahrt."

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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