Der Weg nach Berlin:Politik als Minimalkonzept

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"Damit man mich einfach mal gesehen hat": Sabine Poschmann von der SPD besucht die Wähler zu Hause in Dortmund-Lanstrop und verteilt Rosen. Mal ist es aufgeräumt, mal verraucht, mal ziemlich am Ende.

Von Bernd Dörries, Dortmund

Es ist aber auch sehr grün hier, sagen die Leute im Ruhrgebiet immer und meinen damit manchmal, es ist gar nicht so schlimm, wie ihr da draußen denkt. Ist es auch nicht. In die Siedlung Lanstrop fährt man über Maisfelder und an einem kleinen See vorbei, vor den Wohnblöcken der Siedlung stehen Apfelbäume. Es ist der äußerste Zipfel des Dortmunder Wahlkreises von Sabine Poschmann.

Mehr als vier Stunden wird sie hier von Tür zur Tür gehen, durch viele Einheiten, wie man das so nennt, in der Sprache der Siedlungen. Sie wird klopfen, sich als die SPD-Bundestagskandidatin vorstellen, einen Flyer und eine Rose überreichen. "Damit man mich einfach mal gesehen hat", sagt Poschmann. Politik als Minimalkontakt.

Sie klingelt, es öffnen sich Türen und man schaut hinein in so ein Leben, hier draußen in Dortmund-Lanstrop. Mal ist es aufgeräumt, mal verraucht, mal ziemlich am Ende und wütend. Die meisten Gesichter öffnen sich mit der Rose, nur manche Türen schließen sich gleich wieder.

Es sind die Tage, da Altkanzler Gerhard Schröder durch die Lande tourt und sich manche in der SPD mit Wehmut an dessen gute, alte Zeit erinnern. Davon kann in Lanstrop keine Rede sein. Hier sitzen die Verlierer der Agenda 2010. "Keiner hat uns so geschadet wie Schröder", sagt ein Rentner. "Ich bin seit zehn Jahren draußen aus dem Arbeitsmarkt", sagt ein anderer. "Die Inflation frisst unsere Renten", sagt ein Ehepaar. Das müssen wir korrigieren, sagt Frau Poschmann.

Es kläfft und bellt

Vor den Blöcken der Siedlungen stehen seit einigen Tagen ihre Plakate, und nun steht die Kandidatin vor der Tür. Zehn solcher Touren macht Poschmann in Dortmund, in Bezirken, in denen die SPD mehr als 40 Prozent erreichte bei der letzten Wahl, in denen es gilt, die Stammklientel zu mobilisieren.

Das ist ganz nach dem Geschmack der Bundespartei, die in ihrer Wahlkampfstrategie eher auf den persönlichen Kontakt setzt als auf Großveranstaltungen. "Berlin hat ja jetzt die Hausbesuche erfunden", sagt Poschmann und lacht, "wir in Dortmund machen das schon immer so".

Und es kläfft und bellt hinter vielen Türen, aber noch ist nichts passiert; ihr Vater, ein alter Sozialdemokrat, wurde einmal gebissen, im Einsatz für die Partei. Ein paar hundert Rosen hat Poschmann schließlich verteilt, ist an Geschäften vorbeigelaufen, die gerade schließen und Menschen, die mittags Bier trinken.

Sie hat aber auch viele Menschen getroffen, die sich gefreut haben, über die Rose, die versprochen haben, SPD zu wählen, "wie immer". Es war also ein guter Tag für Sabine Poschmann und die Sozialdemokratie.

© SZ vom 05.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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