Demografischer Wandel:Das Land der alten Menschen

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Die Einwanderung kann den Rückgang der Bevölkerung in Deutschland nur abmildern, aber nicht ausgleichen.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Die Bevölkerung in Deutschland wird wegen der starken Einwanderung bis 2060 weniger deutlich schrumpfen als noch vor ein paar Jahren befürchtet. Das geht aus neuen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hervor. Danach sinkt die Zahl der Einwohner aufgrund des Geburtenrückgangs von 80,8 auf 67,6 bis 73,1 Millionen, je nach Ausmaß der Zuwanderung. Gleichzeitig werden die Menschen immer älter: Heute ist jeder Fünfte 65 Jahre alt, 2060 wird es nach Angaben der Behörde jeder Dritte sein. Was noch in der 13. "Bevölkerungsvorausberechnung" des Bundesamtes steht - ein Überblick:

Die Geburten- und Sterberate: Damit auch in Zukunft gut 80 Millionen Menschen hierzulande leben, müsste jede Frau rein statistisch 2,1 Kinder bekommen. Tatsächlich liegt die Geburtenrate bei 1,4 Kindern, und dabei dürfte es bleiben. Steigt die Lebenserwartung moderat und nicht kräftig an, wird sie sich für Männer bis 2060 um sieben Jahre auf etwa 85 Jahre erhöhen, für Frauen um sechs auf 89 Jahre. "Im Jahr 2060 werden voraussichtlich etwa 500 000 mehr Menschen sterben als Kinder geboren werden", sagte der Präsident des Bundesamtes, Roderich Egeler.

Die Altersstruktur: Bereits 2030 werden 30 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre oder älter sein. Der Anteil der mindestens 80-Jährigen wird sich auf 12 Prozent oder neun Millionen mehr als verdoppeln.

Die Einwanderung: Derzeit wächst die Bevölkerung, weil immer mehr Menschen aus Europa und den Krisengebieten der Welt Deutschland als rettenden Hafen aufsuchen. 2014 und 2015 dürften deshalb 500 000 Personen mehr ins Land kommen, als von dort wegziehen. Die Statistiker glauben aber, dass dieser Zustrom wieder nachlassen wird, weil in zehn bis 20 Jahren auch in den ost- und südosteuropäischen Ländern weniger Menschen in einem Alter sein werden, in dem sie noch auswandern. Bessert sich dort die wirtschaftliche Lage, werde auch der Bedarf an eigenen Arbeitskräften wieder zulegen. Langfristig rechnen die Wiesbadener Experten deshalb mit Wanderungsgewinnen von 100 000 bis 200 000 Menschen pro Jahr. Diese könnten einen Rückgang der Bevölkerung nicht verhindern.

Die Erwerbstätigen: 2013 galten mehr als 49 Millionen Menschen als erwerbsfähig. Dabei wird es nicht bleiben. Die Zahl derjenigen, die mindestens drei Stunden am Tag arbeiten können, könnte schon in den nächsten 20 Jahren um sechs bis acht Millionen zurückgehen. Erhöht man aber das Erwerbsalter um zwei Jahre auf 67, so wie bei der Rente mit 67, stehen schon zwei Millionen mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. 2060 könnte daher, je nach Höhe der Altersgrenze und dem Umfang der Zuwanderung, die Zahl der Erwerbsfähigen zwischen 34 und 40 Millionen liegen.

Der Statistikprofessor Gerd Bosbach rät jedoch, solche Voraussagen mit Vorsicht zu genießen. Er weist darauf hin, dass die Prognose auf Daten von 2013 beruht. Das Bundesamt rechne also 47 Jahre voraus. "Das entspricht einer Modellrechnung des Jahres 1968 für heute." Es sei aber "kaum vorstellbar, dass das mit der Wirklichkeit viel zu tun hat".

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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