Cum-Ex:Wenn die Tür zum Stall offen steht

Banken und Finanzjongleure haben den Staat gemolken. Kommt jetzt der Knüppel aus dem Sack?

Von Heribert Prantl

In der alten Welt der Märchen heißt das Zauberwort "Bricklebrit". In der neuen Welt der Banken und Kapital-Anlagefonds heißt es "Cum-Ex". Im Märchen ist es so, dass ein Esel auf das Zauberwort hin Dukaten scheißt. In der Finanzwelt macht das der Staat. Cum-Ex ist der Name für internationale Trickgeschäfte mit Aktien, die dazu geführt haben, dass der Fiskus den Trickgeschäftlern Steuern erstattet hat, die diese gar nicht bezahlt hatten - zehn Milliarden Euro.

Das Hin und Her mit Aktien war so kunstvoll konstruiert, dass sich die beteiligten Banken und Aktienjongleure nicht als Kriminelle, sondern als Finanzkünstler betrachten. Neue Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft laufen nun darauf hinaus, dass die Künstler sich bandenmäßig verabredet haben, um den Staat auszunehmen; Geschäfte wurden angeblich einzig und allein zu diesem Zweck geschlossen. Wenn dies nachweisbar ist, handelt es sich um den gewaltigsten Fall von Steuerkriminalität, den es in Deutschland je gegeben hat. Man muss den Ermittlern Fortune wünschen: Es geht hier nicht nur um Strafen, nicht nur um den Knüppel aus dem Sack; es geht um die Glaubwürdigkeit des Steuerstrafrechts insgesamt.

Die Beteiligten berufen sich auf Gesetzeslücken und darauf, dass der Staat selbst schuld sei, wenn er diese nicht schließt. Indes: Selbst wenn die Tür zum Stall offen steht, ist dies nicht die Erlaubnis für jedermann, die Kuh zu melken.

© SZ vom 19.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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