China:Im Sinne der Partei

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Weitestgehend machtlos: Der Nationale Volkskongress setzt hauptsächlich die Vorgaben der KP in Gesetze um. (Foto: Ng Han Guan/dpa)

Chinas KP will ein Bürgerliches Gesetzbuch auf den Weg bringen. Kritiker sehen in der Maßnahme allerdings eine Fortsetzung der Willkür.

Von Kai Strittmatter, Peking

Zum Abschluss seiner alljährlichen Tagung hat Chinas Parlament am Mittwoch die Grundlinien für ein Bürgerliches Gesetzbuch verabschiedet. Mit dem Gesetzbuch sollen die Rechte und Pflichten von Chinas Bürgern erstmals in einer Zivilgesetzgebung aus einem Guss vereint werden. "1,3 Milliarden Chinesen werden sich damit sicherer fühlen und mehr gleichberechtigte Chancen und Würde genießen", zitierte die Nachrichtenagentur Xinhua einen Abgeordneten des Nationalen Volkskongresses NVK. Besitzrechte und der Schutz von Senioren wird in den Grundlinien ebenso angesprochen wie der Schutz von "guten Samaritern", hilfsbereiten Bürgern, die in der Vergangenheit oft selbst vor Gericht landeten. Parteichef Xi Jinping verspricht seit seinem Amtsantritt einen Ausbau der Gesetzgebung, Kritiker sehen allerdings in der Praxis keine Stärkung der Bürgerrechte, sondern eine Tendenz dazu, Willkürmaßnahmen nun mit Gesetzen zu unterfüttern.

Der Organisation Freedom House zufolge war im Jahr 2016 China der schlimmste Internetzensor

Als am Sonntag Chinas Oberstes Gericht seinen Arbeitsbericht für vergangenes Jahr veröffentlichte, führte es als seinen größten Erfolg die Inhaftierung von Bürgerrechtsanwälten und -Aktivisten auf: "Wir haben Staatssicherheitsverbrechen scharf bestraft und Fälle von Subversion wie den von Zhou Shifeng abgeurteilt." Rechtsanwalt Zhou war einer der bekanntesten Bürgerrechtsanwälte Chinas. Für seine Arbeit wurde er 2016 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Dass die neue Zivilgesetzgebung vor allem den Interessen der Partei zu dienen hat, zeigt sich deutlich: Da fügten die Abgeordneten einen Paragrafen hinzu, der es strafbar machen soll, "den Namen, den Ruf und die Ehre" kommunistischer Helden und Märtyrer zu verleumden oder in Zweifel zu ziehen - ein weiterer Schritt im Kampf der KP gegen jede kritische Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Partei nennt das "historischen Nihilismus".

Der Nationale Volkskongress hat keine wirkliche Macht, seine Aufgabe ist es vor allem, die Vorgaben der KP in Gesetze umzusetzen. In einem gewissen Rahmen jedoch sind Debatten erlaubt. Einer der überraschendsten Vorschläge kam von Luo Fuhe, dem Vizevorsitzenden der beratenden Konsultativkonferenz. Er verlangte eine Lockerung der Zensur, die aus Chinas Internet zunehmend ein von der Welt abgeschottetes Intranet macht. Luo klagte, sie hemme den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt im Land. "Die Webseiten mancher ausländischen Universitäten brauchen manchmal eine halbe Stunde, bis sie sich öffnen", sagte Luo. Manche Forscher brauchten selbst für gewöhnliche Recherchen eine Zensurumgehungs-Software. "Das ist nicht normal." Die Reaktion der Behörden: Sie zensierten Luo. Pekings Zensoren verschickten landesweit ein Edikt, wonach jedweder Bericht über Luos Äußerungen zu löschen sei. Einem Bericht der Organisation Freedom House zufolge war im Jahr 2016 China der weltweit schlimmste Internetzensor.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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